Kunstsammlung NRW: Calder überlistet die Schwerkraft

Die Kunstsammlung NRW wirft einen neuen Blick auf die Mobiles des US-Künstlers.

Düsseldorf. Alexander Calder war Ingenieur, kräftiger Handwerker, begnadeter Künstler — und er hat das Mobile erfunden. Mit seinen blütenzarten bis tonnenscheren Windspielen brachte es der US-Künstler mit den schottischen Wurzeln zu Popularität und Weltruhm.

Die Kunstsammlung NRW zeigt ab Samstag auf 1600 Quadratmetern rund 70 Objekte — Mobiles, Drahtporträts und Stabiles — vor allem aus den 30er und 40er Jahren. Die Kuratorin Susanne Meyer-Büser ordnet den Begründer der kinetischen Kunst mit der Schau „Avantgarde in Bewegung“ neu ein.

Ihr geht es darum, Alexander Calder (1898 — 1976) vom Image des „verspielten Handwerkers“ zu erlösen und seine bedeutende Rolle in der Avantgarde und der abstrakten Kunst zu zeigen. So reflektieren Gemälde von Piet Mondrian, Joan Miró und Hans Arp aus dem Bestand der Hauses sowie drei Experimentalfilme die Verbindungen zu den Künstlerfreunden der Avantgarde.

Seine Initialzündung erlebte Calder 1930 im Pariser Atelier des Niederländers Piet Mondrian: Es war auf dem Boden und an den Wänden mit schwarzen Linien in unregelmäßige Raster unterteilt, darauf waren blaue, gelbe und rote Rechtecke platziert. Nach diesem „Schock“, so Calder 1966, fängt er an, erst abstrakt zu malen und dann „bewegliche Mondrians“ zu schaffen, konzentriert sich zeitlebens auch auf dessen Farben.

Er beginnt mit kleinen, leicht krummen Drahtmodellen, die von einem Motörchen bewegt werden. Rasch werden die Objekte filigraner, verschachtelter. Die physikalischen Gesetze scheinen ausgehebelt, denn ein Windhauch setzt diese ausladenden Skulpturen in Bewegung. Wie kann Calder die Schwerkraft so elegant überlisten?

Jedenfalls hat er sich nicht auf seine Kenntnisse als Ingenieur besonnen. Keines seiner leicht und heiter wirkenden Werke hat er vorab mathematisch durchkonstruiert. Vielmehr hat er von unten nach oben ausgetüftelt, wie es funktionieren könnte. Hat hier eine Öse nach rechts verschoben, da eine Metallplatte verkleinert, bis am Ende eine einzige Aufhängung an der Decke alles im Gleichgewicht hält.

Die Ausstellung wartet mit Raritäten auf: mehrere Objekte, die zusätzlich Klang erzeugen oder mit der Musik des befreundeten Komponisten John Cage kombiniert sind. Noise-Mobiles: Nur 48 der rund 16 000 bekannten Calder-Werke zählen dazu.

Es ist ungewohnt, seine großen Objekte in geschlossenen Räumen zu sehen. Aber diese Skulpturen vor das K20 zu stellen, „wäre wegen des Vandalismus in der Altstadt absolut unmöglich“, sagt Marion Ackermann, die künstlerische Leiterin der Kunstsammlung.