Martin Stadtfeld in der Tonhalle: Beethoven auf Samtpfötchen
Publikumsliebling Martin Stadtfeld spielt in der Tonhalle.
Düsseldorf. Der junge deutsche Pianist, TV-Medien und Publikums-Liebling Martin Stadtfeld ist immer für Überraschungen gut. Schon seine erfolgreiche Debüt-CD mit Bachs Goldbergvariationen birgt erstaunliche kleine Abweichungen vom Notentext. Nun, beim Gastspiel mit der Academy of St Martin in the Fields unter Leitung von David Afkham in der Tonhalle, nimmt sich der smarte, dunkelhaarige und tiefbraunäugige Musiker auch Freiheiten im Solopart von Ludwig van Beethovens Viertem Klavierkonzert G-Dur op. 58. Dass er etwa den ersten Akkord zur Harfen-Girlande aufbricht, lässt eine eigenwillige, betont lyrische Interpretation vorausahnen.
Und der erste Anschein trügt keineswegs. Stadtfeld spielt den Solopart nicht geradlinig klassizistisch, sondern verträumt und empfindsam, nahe an der Romantik eines Franz Schubert. Und die Zartheit, mit der er bravouröse Passagen streichelt, erinnert gar an die impressionistischen Klangwelten eines Claude Debussy.
Technisch zeigt er sich dem anspruchsvollen Werk gewachsen, auch wenn die Virtuosität der Ecksätze durch das Samtpfötchen-Spiel nur andeutungsweise zur Geltung kommt. Im langsamen Mittelsatz, einem Dialog zwischen streng herrschendem Orchester und lyrisch leidendem Klavier, entfaltet Stadtfelds sensibler Anschlag die stärkste Wirkung. Da findet der Pianist zu bewegender poetischer Tiefe.
Der Schlussapplaus nach dem recht zaghaft wiedergegebenen Finalsatz fällt moderat aus. Doch mit der Zugabe, Sergej Prokofjews rasant dahintosender Toccata, zieht er ein beifallsicheres Register, das zuverlässig seine Wirkung entfaltet und Stadtfelds Auftritt im Publikums-Jubel enden lässt.
Das Orchester, das bei Stadtfelds Beethoven-Deutung gutwillig mitmachte, zieht nach der Pause mit der Zweiten Symphonie von Johannes Brahms denn doch ganz andere Saiten auf: David Afkham, der junge Shootingstar am Dirigierpult der größten Orchester, wird nun erst als Musikgestalter richtig wahrnehmbar. Er dirigiert auswendig, so dass er ohne Notenpult-Barriere vor den Musikern steht.
Afkhams Zeichengebung wirkt elegant und klar. Er setzt starke Akzente, wählt straffe Tempi, verzichtet aber auf vordergründige Effekthascherei. Die Feinheiten der beiden Mittelsätze arbeitet er wundervoll heraus. Und den schon von Natur aus effektvollen Schlusssatz führt er rasant in die Zielgerade, ohne Tempo und Dynamik zu forcieren. Für den starken Beifall gibt es eine beliebte Brahms-Zugabe: den 5. Ungarischen Tanz.