Bauhaus-Serie Teil 3: Mies van der Rohe - Der Architekt, der die Frauen förderte
Mies van der Rohe war der letzte Direktor am Bauhaus. Das Neue: Der Pionier des modernen Bauens arbeitete eng mit Frauen zusammen.
Unter dem Bauhausdirektor Hannes Meyer wurde der Lehrplan am Bauhaus strukturell verändert. Wassily Kandinsky (1866-1944) und Paul Klee (1879-1940) und Oskar Schlemmer (1888 -1943) waren für die Grundlehre zuständig. Ein Erstsemester Werklehre war bei Josef Albers (1888-1976) zu besuchen. Formenlehre und analytisches Zeichnen vermittelte Kandinsky, Joost Schmidt (1893-1948) unterrichtete Schrift. Im dritten Semester kam Aktzeichnen bei Oskar Schlemmer hinzu. Der Wochenplan war streng geregelt: Der Montag sollte der musischen Bildung dienen, der Freitag war wissenschaftlich ausgerichtet und am Samstag standen Sport und Gymnastik auf dem Lehrplan.
Nach der Entlassung von Hannes Meyer, unter dem sich das Bauhaus radikalisierte, wurde Mies van der Rohe zum neuen Direktor gewählt. Nach der Schließung in Dessau entschloss sich Mies, das Bauhaus in Berlin als private Schule weiterzuführen. Er mietete das leerstehende Gebäude in der Birkbuchstraße in Berlin-Steglitz, eine ehemalige Telefonfabrik. Der Studiengang änderte sich und auch die Studiengebühren wurden erhöht. Zunächst konnte Mies die Schule auf der Sicherung von Lizenzeinnahmen und die festen Gehälter der vertraglich gesicherten Fortzahlung der Lehrergehälter aus Dessau aufbauen.
Die Frauen hatten es am Bauhaus zunächst schwer
Den Frauen wurde in der Weimarer Zeit der Zugang zum Bauhaus erschwert. Vieles wurde als „weibliches Kunstgewerbe“ ausgegrenzt. In seiner ersten Rede an die Bauhausstudenten ging Gropius ausdrücklich auf die anwesenden Frauen ein: „Keine Rücksicht auf Damen, in der Arbeit sind alle Arbeiter“, absolute Gleichberechtigung, aber auch gleiche Pflichten. Bereits im Jahre 1920 hatte Gropius den Vorschlag „zur scharfen Aussonderung gleich bei der Aufnahme, vor allem bei dem nach zu stark vertretenen weiblichen Geschlecht“ gemacht. Er gab die Empfehlung, keine Experimente zu wagen und die Frauen nach dem Vorkurs gleich in die Weberei zu schicken, auch Buchbinderei oder Töpferei stellte er in Aussicht. Als jedoch ein Mangel an Arbeitskräften aufkam, wurden zwei Frauen in die Werkstatt aufgenommen. Zur Architektur sollten jedoch keine Frauen zugelassen werden.
Mit Mies van der Rohe änderte sich die Situation für die Frauen. Die begnadete Bildhauerin Marianne Brandt (1893-1983) leitete die Metallwerkstatt. Ihre eleganten Design-Klassiker, wie Teekannen aus Messing oder Lampen mit Opalgläsern, haben bis heute ihren Charme nicht eingebüßt.
Auch wurde die Textilkünstlerin Anni Albers (1899-1994) von Mies gefördert. Sie leitete unter seiner Ägide die Textilwerkstatt.
Mit der Designerin Lilly Reich arbeitete Mies eng zusammen
Mit Lilly Reich (1893-1947) war die Zusammenarbeit eng und ging über zehn Jahre. In dieser Zeit entstand 1929 der berühmte Barcelona-Pavillon für die Weltausstellung in Barcelona, der von 1983-1986 wieder am ursprünglichen Ort rekonstruiert wurde.
Auch wirkte Lilly Reich wesentlich an der Villa Tugendhat mit, die sie 1929-1930 im tschechischen Brünn für Fritz und Grete Tugendhat bauten und einrichteten.
Die Zusammenarbeit begann 1927 bei der Werkbund-Ausstellung in Stuttgart, und auch in den Annalen von Barcelona wird Lilly Reich als Mies-Mitarbeiterin geführt.
Die weitgereiste, gebildete Tochter eines Fabrikanten hatte bei dem Wiener Design-Pionier Josef Hoffmann studiert und lehrte unter Mies am Bauhaus in Dessau und Berlin. Kollegen rühmten Lillys „strenge Maßstäbe“. Ihre Verbindung mit Mies war für Außenstehende wenig transparent. Das blieb nicht ohne Folgen: Die Frauen am Bauhaus waren eifersüchtig auf Lilly.
Es bleibt offen, wem die Urheberschaft am berühmten Barcelona-Sessel tatsächlich zugeschrieben werden kann. Es handelt sich um den aus gekreuztem Stahl geformten Sessel, verchromt und mit einer eleganten Lederpolsterung in strengen Quadraten. Noch nach Mies Emigration in die USA kümmerte sich Lilly Reich selbstlos um die Tantiemen für das Design-Objekt. Die Urheberschaft an dem Barcelona-Sessel wird ein Geheimnis ihrer Liaison bleiben: Lilly starb 1947 in Berlin, Mies verschied 1969 in Chicago.
Gesichert ist, dass Lilly Reich auch einen großen Einfluss auf das weitere Bauhaus-Geschehen hatte. Im Jahre 1933 lud sie die Bauhaus-Lehrer in ihr Berliner Atelier ein. Mies stellte dort dann den Antrag, das Bauhaus aufzulösen. Alle Anwesenden, inzwischen in politische und finanzielle Bedrängnis geraten, stimmten diesem Vorschlag zu.