Leben mit dem Flüchtlingsheim

Werden neue Unterkünfte für Flüchtlinge geplant, ist die Aufregung groß. Doch dort, wo sie bereits bestehen, leben die Menschen im Umfeld schon ganz selbstverständlich mit ihnen.

Seit Dezember ist die Modulbauanlage an der Grünewaldstraße bewohnt.

Düsseldorf. Ein Metallzaun trennt die schicken Häuser und Villen der weißen Siedlung in Golzheim von den einfachen weißen Containerbauten der Flüchtlingsunterkunft Grünewaldstraße. Aus der dunklen, nassen Erde ragen allererste dünne Grashalme, auf einer der schmalen Fensterbänke stehen ein paar Blumentöpfchen und eine pinke Gießkanne. Ein Versuch, Farbe ins notgedrungene Zuhause zu bringen. Eine Frau mit Kaffeebecher schaut aus einem der Fenster und winkt lächelnd.

Nur ein paar Meter weiter wohnt das Ehepaar Lange. „Viele in der Gegend waren gegen die Unterkunft“, berichtet Ursula Lange. „Aber wir spüren sie überhaupt nicht.“ Auch ihr Mann Christian bestätigt: „Ich habe hier noch nie welche von den Bewohnern gesehen.“ Andere Nachbarn seien da nervöser, jeder Einbruch gereiche zum Argument contra Flüchtlingsheim, seit dort die Menschen im Dezember einzogen. „Aber eingebrochen wurde hier immer“, sagt Lange.

Ein Versuch, mit den Flüchtlingen in Kontakt zu kommen, allerdings scheiterte: Seine Frau habe mit dem Enkel auf den Spielplatz der Modulbauanlage gehen wollen, doch der Eintritt sei ihr von der Verwaltung verwehrt worden. Angst vor Anschlägen. „So funktioniert Integration aber nicht“, findet Christian Lange. „Und wenn es etwas gibt, das alles zusammenführt, dann doch die Kinder! Die sind ja völlig unvoreingenommen.“

Die Erfahrung in Golzheim ist typisch, sagt die Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch: Werde eine Unterkunft geplant, sei die Aufregung im Umfeld zunächst groß. „Aber wenn sie dann erst mal eröffnet — und wir haben jetzt zehn —, beruhigt sich das sehr schnell.“ Auch dort, wo die Flüchtlingsheime direkt an Wohngebieten entstanden, wie in der weißen Siedlung.

Und an der Blanckertzstraße in Gerresheim, elf Kilometer weiter. Dort bietet sich ein ähnliches Bild: Metallzaun, Modulbauten. Nur dass sie hier blau und grau sind. Vor einem Gebäude stehen vier Männer und rauchen. Gleich um die Ecke wohnt Sylvia Maassen. „Es ist harmlos“, sagt sie. Nur im Park beim Gassigehen bekomme sie mit, wie viele Kinder seit November in der Unterkunft wohnen. „Die kommen und spielen mit den Hunden.“ Austausch darüber hinaus gibt es kaum. „Die Polizei ist jetzt öfters hier“, berichtet Maassen. „Aber da erfahren wir ja nichts.“

Im Viertel geht das Gerücht um, dass im Rewe-Markt an der Ecke Bergische Landstraße jetzt vermehrt geklaut werde. „Wir haben selbst aber noch nichts festgestellt“, sagt Marktleiter Horst Greßner — weder per Videoüberwachung noch bei der Inventur. „Quatschköppe gibt es viele“, sagt Rentner Horst Staroschek vielsagend. „Mich stört auch nicht, wenn da 100 000 wohnen!“

Ein von vielen Unken befürchteter Effekt der Flüchtlingsunterkünfte auf die Sicherheit in Düsseldorf ist offenbar ausgeblieben — so zumindest die offiziellen Aussagen. „Die Polizei hat ausdrücklich die Lage in Düsseldorf als sehr entspannt bezeichnet“, sagt Miriam Koch. In der Arbeitsgruppe „Zuwanderung“ des Kriminalpräventiven Rates war jetzt sogar von abnehmenden Einsatzzahlen der Polizei rund um die Unterkünfte die Rede. Der Ordnungs- und Servicedienst bestätigte diese Einschätzung. Und auch von der Feuerwehr heißt es: „Wir haben nicht vermehrt mit Einsätzen rund um oder in den Flüchtlingsunterkünften zu tun“, so Sprecher Tobias Schülpen. Mehr: S. 18