Düsseldorf Marathon Rennleiter Winschermann: „Die Stadt ist an Marathon nicht interessiert“

Rennleiter und Organisationschef Jan Winschermann ist frustriert, dass die Veranstaltung sportlich nicht „erstligareif“ sei.

Breitensportler waren beim Düsseldorf Marathon in großer Zahl unterwegs.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Eigentlich hätte sich Jan Winschermann am Sonntag-Mittag genüßlich zurücklehnen und den Kaffee genießen können. Der „Metro Group Marathon“ war fast komplett über die Bühne, alles war ruhig abgelaufen und die Organisation habe laut dem Renndirektor „so gut geklappt wie nie zuvor“.

Jan Winschermann würde gerne mehr Laufstars auf die Straßen der Stadt holen.

Foto: Zanin/Archivfoto Michaelis

Das Gesicht von Winschermann spiegelte aber etwas anderes wider. „Ich bin ziemlich angefressen“, sagte er. „Organisatorisch sind wir Spitzenklasse, sportlich nicht mehr erstligareif.“ Da stimmte ihm auch Paco Barao zu. Der Direktor des Welt-Marathon-Verbandes erklärte, dass die meisten Läufer nach den auf einer Strecke gelaufenen schnellsten Zeiten ihre Teilnahme ausrichten. „Wenn in London oder Hamburg Zeiten unter 2:10 Stunden gelaufen werden, gehen die Leute eben dorthin und nicht zum gleichzeitig stattfindenden Marathon in Düsselorf. Egal wie gut die Veransteltung organisiert ist“, sagte Barao.

Bahn frei für die Läufer beim Düsseldorfer Marathon
29 Bilder

Bahn frei für die Läufer beim Düsseldorfer Marathon

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Doch um einen lukrativen und vor allem schnellen Wettbewerb auszurichten, müsste Düsseldorf Geld in die Hand nehmen, was vielleicht dann sogar wieder durch höhere Teilnehmerzahlen zum Teil hereinkommen würde.

„Das Problem ist, dass sich die Stadt für den Marathon nicht interessiert“, sagte Winschermann unmissverständlich. „Wenn von einem Marathon gesprochen wird, dann meist nicht unbedingt nur vom Titelsponsor, sondern vor allem von der Stadt, wo er stattfindet.“

Diesen Image-Faktor würde Düsseldorf außer Acht lassen und lieber auf viele Veranstaltungen, anstatt auf Höhepunkte zusetzen. „Es ist schon traurig, dass 2500 Läufer aus NRW an diesem Wochenende lieber in Hamburg starten.“ Dass der Oberbürgermeister eine neue Bestzeit unter vier Stunden lief, spielt wohl keine Rolle bei städtischen Entscheidungen.

Die Titelverteidigerin läuft neue persönliche Bestzeit, und der große Favorit bei den Männern muss mit blutigen Füßen bei Kilometer 26 aufgeben. Annie Bersegal (USA) stürmte einsam vorne weg und erzielte eine Marke von 2:28,28 Stunden und strahlte im Ziel trotz abgeschrammtem Knie und aufgeschürfter Hüfte. Der Gegenentwurf war diesmal ausgerechnet der Lokalmatador. André Pollmächer (Rhein-Marathon) lag bis zur Hälfte auf Kurs, was hochgerechnet die WM-Norm bedeutet hätte. Doch die falschen Socken oder Schuhe sorgten dafür, dass die Füße nicht mehr wollten.

Der Rumäne Marius Ionescu nutzte die Gunst der Stunde und gewann mit einer Zeit von 2:13,19 Stunden, die im vergangenen Jahr nicht für einen der vorderen Plätze gereicht hätte. Dabei hatte der Wettergott mitgespielt, und die Strecke war auch für die insgesamt knapp 18 000 Läuferinnen und Läufer fast bis zum Schluss trocken bei Temperaturen um die 18 Grad Celsius. Nur auf den Brücken herrschten Böen, die noch bessere Zeiten verhindert haben. Die Stimmung unter den Breitensportlern war hervorragend, auch weil bei den Bedingungen immerhin dabei viele Bestzeiten gelaufen wurden.