Düsseldorf Makler Aengevelt fordert mehr bezahlbaren Wohnraum: „Wir bauen die falschen Wohnungen“
Düsseldorf. Die Immobilienfirma Aengevelt gibt es seit 1910. Sie besteht in der dritten Generation mit den Brüdern Lutz und Wulff, zu denen Mark und Chiara Aengevelt aus der vierten Generation hinzugekommen sind.
Sie hat 135 Mitarbeiter und fünf Filialen. Sie vermittelt Immobilienverkäufe für über 550 Millionen Euro und Mietverträge für mehr als 250 000 Quadratmeter Gewerbefläche. Ein Gespräch mit Wulff Aengevelt, der am Sonntag seinen 70. Geburtstag feiert.
Herr Aengevelt, der Baumarkt boomt im Zeichen von Null-Zinsen. Viele Fachleute sprechen von der Baublase. Was ist damit?
Aengevelt: Wir haben keine Blase. Die hätten wir nur, wenn die Preise losgelöst von den Erträgen wären. Es steigen die Preise, aber die Mieten steigen auch. Zur Blase gehört, dass nur die Preise steigen. Außerdem hat die Eigenkapitalquote in den letzten Jahren zugenommenen, weil die Banken nicht mehr bedenkenlos ausfinanzieren dürfen.
Was halten Sie davon, dass das Angebot an neuen Wohnungen in Düsseldorf so rasant steigt?
Aengevelt: Das ist kritisierbar, weil mehr Eigentums- als Mietwohnungen angeboten werden. Das ist die liberale Sichtweise: Macht jeden Mieter möglichst zum Eigentümer. Das widerspricht jedoch der Mobilität des Arbeitsmarktes.
Werden bei uns mehr Wohnungen gekauft als gemietet?
Aengevelt: Ja, 45 Prozent sind Mietwohnungen, 55 Prozent Eigentumswohnungen. Aber die Struktur stimmt nicht. Es werden zu viele hochpreisliche Wohnungen angeboten. Das ist so, als würde die Automobilbranche nur teure Wagen anbieten.
Wie liegen die Preise fürs Eigentum?
Aengevelt: Im unteren Bereich mittlerweile bei 3500 Euro. In Oberkassel, im Zooviertel oder in der Carlstadt bekommt man nichts unter 6000 Euro pro Quadratmeter. Neue hochpreisliche Angebote im Zooviertel liegen bei 8500 Euro. Wir haben aber auch schon höhere Angebote bei 14 000. An den Rheinpromenaden wurden 16 000 bis 18 000 Euro erzielt. Das sind aber Ausreißer. Manchmal sind auch ganz wertvolle Einrichtungen wie Küchen und Bäder enthalten.
Sind die Preise ein Problem?
Aengevelt: Natürlich. Wir bauen mehr Wohnungen denn je, aber wir bauen die falschen, weil zu teuer. Der Wohnungsbau muss erschwinglich sein. Das muss geändert werden.
Warum?
Aengevelt: Weil wir keine Millionärszuwanderung haben wie in Monaco. Die Menschen, die hier arbeiten, brauchen familiengerechte Wohnungen. Das sind ja nicht nur Singles, sondern Familien mit ein, zwei Kindern. Auch Chinesen, Japaner und europäische Nachbarn brauchen ein Drei- oder Vierzimmer-Angebot.
Weshalb werden die Wohnungen immer größer?
Aengevelt: Die Rückkehrer aus den Einfamilienhäusern im Umland wollen nicht am kleinen Esstisch sitzen. Aber generell bauen sie heute immer mehr und immer größer für den wohlhabenden Bereich.
Der Polizeipräsident sagte einmal, es sei zwar wünschenswert, mehr Polizei einzustellen, aber die jungen Polizisten könnten sich die Düsseldorfer Mietpreise nicht leisten. Eine sehr schlimme Entwicklung?
Aengevelt: Ja, da hat die Politik falsch gesteuert. Das Arbeitsangebot liegt in der Stadt, aber nicht das bezahlbare Wohnangebot. Deshalb schnellen die Pendlerzahlen nach oben. Da muss gehandelt werden.
Wie stellen Sie sich das vor?
Aengevelt: Wir müssen uns mehr um die Mieter kümmern. Aber nicht mit einer Mietpreisbremse, die ist totaler Mist. Der beste Mieterschutz ist ein Überangebot von bezahlbaren Wohnungen. Nur wenn sich der Vermieter dem Wettbewerb stellen muss, wird der Mietpreis gedämpft sein.
Das heißt, es müsste mehr Konkurrenz geben?
Aengevelt: So ist es. Im Moment können die Vermieter mit den Preisen machen, was sie wollen. Es müssten mehr bezahlbare Wohnungen mit 80, 90 bis 120 Quadratmetern gebaut werden. Bezahlbar zu Mieten von 13 bis 14 Euro im Neubau, aber nicht für 16 Euro. Der mietpreisgedämpfte Wohnungsbau wurde bei 8,50 Euro beschlossen, jetzt liegt er bei 9,60 Euro. Man kann die Stellplätze reduzieren und das Energiepaket vernünftig zurückfahren. Dadurch werden Wohnungen auch preiswerter.
Wo kommen die Bauflächen her?
Aengevelt: Das ist das Problem. Wir haben ein extrem kleines Stadtgebiet von 217 Quadratkilometern. Köln hat das Doppelte. Davon sind jedoch 15 Prozent, also 32 Quadratkilometer, Ackerfläche in Hubbelrath, Flehe, Wittlaer, Hamm, Himmelgeist und Angermund. Wenn Sie davon 20 Prozent, also sechs Quadratkilometer, bis 2040 schrittweise in Wohnbauland umwandeln, dann haben wir alle Zuwanderer und Neubürger preiswert untergebracht, denn umgewandeltes Ackerland ist deutlich günstiger. Bis 2040 könnten dann die vom Landesamt für Statistik prognostizierten 65 000 Neubürger gut unterkommen.
Wollen Sie sich auf Ackerflächen konzentrieren?
Aengevelt: Nein, es müssen auch brach liegende Industrie- und Gewerbeflächen umgewidmet werden, aber nicht primär und nicht zugunsten der Logistikbranche. Diese könnte man besser im Raum Duisburg oder Mönchengladbach ansiedeln.
Man sagt, die Makler haben durch das Internet Einbußen von bis zu 40 Prozent. Macht Ihnen das Internet das Leben schwer?
Aengevelt: Der Suchkunde findet eher etwas auf der Plattform von Immoscout als auf der Homepage von Aengevelt. Aber wir stellen unsere Angebote auch ins Netz. Die Branche kommt an Immoscout nicht mehr vorbei. Immoscout übernimmt die Transportleistung, die Makler übernehmen die Detailberatung und damit Vermietung und Verkauf.
Wie viele Immobilienmakler gibt es in Düsseldorf?
Aengevelt: Rund 2000.
Wie wird man Makler?
Aengevelt: Die Makler sollten eine Lizenz haben, ihr Gewerbe anmelden, unbescholten sein und gegen Fehlberatung versichert sein. Es gibt jedoch immer noch keinen signifikanten Sachkundenachweis, wie wir ihn seit Jahrzehnten fordern.
Was wünscht der 70-Jährige der Stadt?
Aengevelt: Die Fortsetzung eines wohltuenden, sozialverträglichen Umbaus.