Mit Holzschuhen und Jauchewagen

Jecke Tradition: Die Tonnengarde zog mit tausend Teilnehmern durch Niederkassel.

Foto: Sergej Lepke

Niederkassel. Niederkassel mausert sich längst zu einem Stadtteil, der scheinbar mit Oberkassel gleichziehen möchte. Schicke Neubauten, wohin man sieht. Für die Narren aber bleibt ihr „Neerkassel“ ein Dorf. Das wurde gestern beim 131. Tonnenrennen zünftig gefeiert. 200 Meter lang war die Rennstrecke auf dem Niederkasseler Parcours. Sie ist längst asphaltiert. Alle alten Dorf-Häuser an der Strecke sind verschwunden. Jauchewagen und Jauchefass gibt es nur noch im Märchen - oder eben bei den Narren. Die lieferten sich damit verbissene, aber spaßige Wettrennen

Die Regeln für das bäuerliche Tonnenrennen sind uralt. Jeder Teilnehmer muss in Holzschuhen laufen, gar keine einfache Sache. Die Narren treten im blauen Kittel über weißer Hose an, das karierte Halstuch wird sorgsam durch eine Kartoffel gebohrt. Ihr närrischer Weckruf hat weder mit Helau noch mit Alaaf etwas zu tun, sondern heißt: „Trän drop“. Bei einem der ersten Rennen lief ihnen nämlich eine Katze zwischen die Beine, erzählt man sich. Die Bauern waren nicht zimperlich, sondern „traten drauf“.

Tonnenrennen in Niederkassel
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Tonnenrennen in Niederkassel

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Für die Wettkampfteilnehmer war das Spiel gestern von Anfang an ungleich. Prinz und Venetia hätten haushoch verloren, aber die Tonnenbauern ließen Gnade walten. Immer vor dem entscheidenden Endspurt blieben sie stehen, prosteten dem Gegner zu und endeten beim Unentschieden. Eine neue Variante brachte Oberbürgermeister Thomas Geisel in die Freiluft-Arena. Er kämpfte gegen einen Tonnenbauern und setzte kurzerhand die Venetia auf seinen Karren, während der Bure Vera Geisel davontrug. Aber wieder endete der Kampf beim Patt.

Dem Wettrennen war ein Veedelszoch mit rund tausend Teilnehmern vorausgegangen. An der Spitze marschierte die deutsch-japanische Marching-Band Chindonya mit 25 Musikanten. In dieser einzigartigen Gruppierung trommelten Deutsche und Japaner, spielten Saxofon, Trompete, Sousaphon, Posaune, Hörner und Flöten. Da die japanische Kolonie in Niederkassel besonders stark ist, beteiligten sich auch 165 Japaner am Zug, darunter 70 Kinder der zweiten Klasse aus der japanischen Internationalen Schule.

Die Niederkasseler gaben sich jedoch nicht nur lustig, sondern auch angriffslustig. So attackierten die Tonnenbauern Christoph und Anne auf ihrem Wagen den „Abrisswahn“ vor Ort. Ein Pappmache-Mädchen hatte gar Tränen in den Augen, weil das Hallenbad verschwunden ist. Sankt Anna befindet sich vor dem Abriss. Auf dem Mottowagen faltet der Pfarrer fromm die Hände, blickt allerdings grimmig drein. Die Kita St. Anna sprach gar vom „Aufstand der Zwerge“ gegen den Abriss des Hallenbads. Aber auch Kurioses fand sich im Zug. So kämpften Ärzte und Krankenschwester des Universitätsklinikums gegen den „Alaafismus“. Gleichzeitig mutierte der Tanz der Vampire zum Tanz der Fassbiere.