Historie in Düsseldorf Industriegeschichte kurz erzählt
Düsseldorf · Die neuen Stelen rufen die Erinnerung an den ehemaligen Güterbahnhof Grafenberg und die Industrieunternehmen in Flingern wach.
In Flingern gibt es manchmal eine ganz eigene Zählweise. Normal ist es, dass von eins über zwei und drei weiter gezählt wird. Die Projektgruppe „Flingerpfad“ fängt aber bei elf an – und schnell danach kommen dann 28 und 29.
Die Projektgruppe hat einen historischen Rundweg durch den einst industriell geprägten Stadtteil konzipiert und 30 Orte identifiziert, an denen Informationsstelen stehen sollen. Im August wurde die Stele Nummer eins, die auf dem Rundweg an Position elf steht, bei den Stadtwerken gesetzt. Jetzt wurden die Stelen Nummer drei und vier, an den Rundweg-Positionen 28 und 29 stehend, ihrer öffentlichen Bestimmung übergeben. „Es macht einen Stadtteil liebenswert, wenn man weiß, was dort so alles passiert ist“, meint der Geschäftsführer der Grafental GmbH, Andreas Mauska. „Grafental“ ist ein neues Wohngebiet, in dem knapp 1600 Wohnungen für 4500 Menschen gebaut wurden und das hauptsächlich im ehemaligen Industriegebiet Flingern entstanden ist. Die „Grafental“-Verwaltung residiert im ehemaligen Kraftwerk der „Hohenzollern AG für Lokomotivbau“ und hat die Finanzierung der beiden neuen Flingerpfad-Stelen übernommen. Das Stelen-Design stammt von Nikolaus Fritschi, der auch die Rheinuferpromenade gestaltete. Die Jugendberufshilfe verankert die Stelen an den vorgegebenen Standorten im Boden. Pro Stele entstehen Kosten von 2500 Euro.
Damit stehen aber erst vier von 30 Info-Stelen. „Ja, wir haben noch etwas zu tun“, bestätigt Anna Menges. „Aber ohne Corona wären wir auch schon etwas weiter.“ Menges ist Mitglied der Projektgruppe und stellte zusammen mit dem Autor der Texte, Herbert Hübner, die neuen Stelen vor. Die Nummer 28 steht zur Erinnerung an den Güterbahnhof Grafenberg, der jetzt in Flingern liegt, an der heutigen Schlüterstraße. „Es gab einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der Eisenbahn und den Industrieunternehmen, erklärt Hübner. „Beide waren aufeinander angewiesen und haben voneinander profitiert.“ 1872 hatte der Bahnhof seinen Betrieb aufgenommen. Gleichzeitig war auch das erste Anschlussgleis hergestellt, das das Werksgelände der ebenfalls 1872 gegründeten Hohenzollern-Aktiengesellschaft für Lokomotivbau mit den Fernstrecken der Eisenbahn verband. Weitere metallverarbeitende Betriebe siedelten sich an, konnten über den Güterbahnhof mit Rohmaterial versorgt werden und ihre Endprodukte auf umgekehrten Weg zu den Kunden transportieren. „In Flingern arbeiteten bis zu 6000 Menschen in den Betrieben“, so Hübner. „Die Industrie in Flingern und Grafenberg war die Keimzelle, die Düsseldorf zur Großstadt machte. 1850 lebten 50.000 Menschen in der alten Residenzstadt Um die Jahrhundertwende waren es schon 200.000.“
Der Industrielle Franz Haniel wollte nicht nur Nutznießer der Eisenbahn sein, sondern produzierte Lokomotiven. So wurden zwischen 1872 und 1929 im Hohenzollernwerk fast 4600 Lokomotiven unterschiedlichster Bauarten produziert. Die Weltwirtschaftskrise führte zur Schließung des Hohenzollernwerks. Damit ist die Industriegeschichte aber nicht abgeschlossen, denn der Rüstungskonzern Rheinmetall richtete während des Zweiten Weltkriegs einen Teil seiner Rüstungsproduktion ein. Von 1943 bis zum Kriegsende wurde in einer Halle das Außenlager „Berta 1“ des Konzentrationslagers Buchenwald untergebracht. Das alles hat Hübner recherchiert und in gut lesbare Textform gebracht.
Heute sind nur noch Überreste des Bahnhofs (Prellbock, Güterschuppen) und des Hohenzollernwerks (Verwaltungsgebäude, Kraftzentrale, sechs Doppelhäuser für Meister und Techniker) zu sehen. Auf den Gleisen entstand der „Stadt-Naturpark Flingern“, dessen Nord-Süd-Ausrichtung an die Trasse der ehemaligen „Ruhrtalbahn“ erinnert.
Man darf nun gespannt sein auf die lokal-historischen Informationen auf den kommenden 26 Stelen des „Flingerpfads“. Die Initiative „Flingerpfad“ hat den historischen Rundweg initiiert. Noch sind nicht alle Stelen fertig, aber „Flingerpfad“ führt in Kooperation mit der „Bürgerinitiative Flingern“ und dem Zakk Stadtteilrundgänge durch. Die jeweils zweistündigen Rundgänge auf drei unterschiedlichen Routen werden unter der Leitung von Kaspar Michels durchgeführt.