Düsseldorf Persönliche Beziehung zum Grabmal
Thomas Müller-Waßenberg ist Grabpate. Er pflegt das Hermes-Denkmal, unter dem er selbst begraben wird.
Düsseldorf. Die klassizistische Figuren-Gruppe aus Marmor thront schon über seinem Grab — dabei lebt Thomas Müller-Waßenberg noch. Lebensgroß stehen die antiken Figuren da, hell und anmutig: Der Vater im Totenhemd, der sich trostspendend zu seiner Frau beugt und gleichzeitig seinen Sohn aus dem Tod heraus führt und leitet: Seit mehr als 100 Jahren erinnern die Skulpturen des Hermesdenkmals auf dem Nordfriedhof an die Toten, die unter ihnen begraben sind.
Eines Tages wird auch Müller-Waßenberg hier ruhen. Der Rechtsanwalt ist einer von 169 Grabpaten in Düsseldorf und für die Pflege und Restaurierung dieser Ruhestätte auf dem historischen Friedhofsteil, dem so genannten Millionenhügel, verantwortlich. Mit seiner Frau unternimmt er oft Spaziergänge auf dem Nordfriedhof und genießt die Ruhe dort: „Das ist für mich die kleine Grabgemütlichkeit. Ein kurzer Moment der Einkehr und der Puls kommt runter“, beschreibt er mit heiterer Gelassenheit, wenn er von seinem Grab erzählt.
„Ich habe eine persönliche Beziehung zu diesem Grabmal und es ist tröstlich für mich, dass ich eines Tages in dieser schönen Umgebung begraben werde.“ Die Idee, eine Patenschaft zu übernehmen, stammte ursprünglich von einem Freund: „Ich bin ein überzeugter und dankbarer Düsseldorfer. Viele Menschen in dieser Stadt engagieren sich und sorgen für die Schönheit dieser Stadt. Ich möchte damit auch etwas zurück geben.“
Um Grabmale mit künstlerischer oder historischer Bedeutung erhalten zu können, vergibt die Stadt seit 1987 Patenschaften. Es handelt sich dabei um Grabstätten, für die das Nutzungsrecht abgelaufen ist. Doch nicht jedes Grab bekommt auch einen Paten. 1217 erhaltenswerte Grabmale hat die Verwaltung katalogisiert, davon haben allerdings noch etliche ein Nutzungsrecht. Für sein Engagement erhält ein Grabpate im Gegenzug die Möglichkeit, sich und seine Angehörigen in dem Grab bestatten zu lassen.
„Die Kosten für das Nutzungsrecht fallen erst im Todesfall an“, erläutert die Leiterin des Friedhofsamtes, Doris Törkel. Vorher entstehen für den Paten keine Erwerbskosten. Je nach Lage werden im Sterbefall dann zwischen 1400 und 4800 Euro fällig. Unabhängig von der Größe der Grabstätte muss der Pate jeweils nur die genutzte einzelne Grabstelle für 20 Jahre bezahlen. Für die Wiederherstellung des Hermes-Denkmals, das abgesackt war und zu zerschellen drohte, hatte Müller-Waßenberg allerdings 11 000 Euro bezahlt. „Ich habe richtig Spaß daran, dass dieses Kleinod geschaffen wurde“, sagt er.
Jörg Deter vom Gartenamt betont, dass allerdings nicht jede Patenschaft eine große Investition erfordere. „Wir freuen uns über jeden neuen Paten und finden auch für jedes Budget das passende Objekt“, fügt Törkel hinzu. Die Motive, eine Patenschaft zu übernehmen, seien ganz unterschiedlich. Manchen Paten ginge es darum, ein Grab auf einem besonders schönen Friedhof zu bekommen. Andere suchten sich gerne schon zu Lebzeiten eine Grabstätte aus und etlichen Grabpaten liege einfach die Denkmalpflege am Herzen. Bis zu vier Patenschaften werden jährlich vergeben. Dass sich der 63-Jährige Rechtsanwalt zu Lebzeiten ein Grab aussuchte, fanden nur seine beiden Söhne skurril: „Es gibt aber bestimmt viele Leute, die damit nichts zu tun haben wollen.“