Rosenmontagszug: Von bissig bis sonnig war alles dabei
Bis zuletzt hatte Jacques Tilly an seinem Putin-Wagen gearbeitet. Von den Narren gab es immer wieder Applaus.
Düsseldorf. Bis zur letzten Minute wurde in der Wagen-Bauhalle noch gebastelt — und dass Jacques Tilly, künstlerischer Leiter des Rosenmontagszuges, eine Russen-Mütze trug, war kein Zufall. Denn die Farbe des Mottowagens mit Putin, der auf der Krim seine Muskeln spielen lässt, war noch gar nicht trocken, als er sich auf den Weg in Richtung City machte. Dass er in Sachen Aktualität die Nase vorn hat, ist für Tilly Ehrensache. Immer wieder gab es am Rande des Zochs Applaus von den Narren für die bissigen politischen Motive, aber auch für die besonders schön gestalteten Prunkwagen.
Die Mottowagen nahmen einmal mehr das politische Geschehen der vergangenen Monate aufs Korn. Ein fies grinsender Obama, der Edward Snowden gern auf dem elektrischen Stuhl grillen würde oder der Totalschaden eines Gelben ADAC-Engels als „Beliebtester Mottowagen des Jahres“, die Ideen waren witzig, originell umgesetzt und leicht verständlich.
Für lokale Themen blieben am Ende nur zwei Mottowagen über. Schließich ist es der Ehrgeiz der Düsseldorfer Wagenbauer, am Dienstag auf möglichst vielen internationalen Titelseiten zu erscheinen. Der fliehende König Elbers, der seinen roten und grünen Konkurrenten entkommen will, gehörte sicher zu den schwächeren Ideen im Zoch.
Bitterböse der FDP-Wagen, der Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Christian Lindner zeigt, die ihre Partei aus der Urne ins Leben zurückholen möchten. Der fuhr übrigens als letzter Wagen des Zuges mit, direkt vor der Awista.
Auffallend war, dass auch die Vereine nicht mehr nur schöne Wagen bauen. Das Motto „Düsseldorf mäkt sech fein“ hat zum Beispiel die Närrischen Wehrhähne inspiriert, sich damit kritisch auseinander zu setzen. „Es wird immer nur an das Zentrum gedacht. Der gesamte Süden der Stadt wird vergessen“, schildert der zweite Vorsitzende Klaus Brunner die Idee. Dabei hat Jacques Tilly geholfen, gebaut haben die Wehrhähne ihr närrisches Gefährt aber komplett in Eigenregie. Brunner: „Und darauf sind wir sehr stolz.“
Kein Auge für die politischen Fragen hatten derweil die jungen Leute auf dem Graf-Adolf-Platz: Dort herrschte ausgelassene Partystimmung. Jugendliche aus Hamm und Flehe hatten dort zwei große Wagen aufgebaut — ausgestattet u.a. mit Boxen und Toilette — und beschallten den Platz, abwechselnd mit House-Musik und Karnevalsschlagern. Hunderte Jugendliche feierten ausgelassen, fast als wäre es ein Rave. „Sieben Wochen haben wir an den Wagen gebaut, das ist alles aus Eigeninitiative entstanden“, erzählten die Mit-Organisatoren Andreas Bartling (24) und Philipp Hoff (18).
Insgesamt feierten wieder mehrere Hunderttausend entlang des Zugwegs. Laut Polizei und OSD ging es dabei insgesamt friedlich zu (siehe Info-Kasten).