Rotlicht-Prozess auf der Kippe?
Polizist soll Reifen zerstochen haben. Anwalt fordert Ablösung der Staatsanwältin.
Düsseldorf. Noch hat der Prozess um den Rotlicht-Skandal an der Rethelstraße gar nicht richtig begonnen, da steht er bereits auf der Kippe. Benedikt Pauka, Rechtsanwalt des mutmaßlichen Drahtziehers Thomas M. (48), hat die Ablösung von Staatsanwältin Julia Hartmann beantragt, weil sie denkwürdige Praktiken bei den Ermittlungen nicht verfolgt hat. Über einen weiteren Antrag, die gesamte Kammer um den Vorsitzenden Richter Markus Fuchs wegen Befangenheit abzulehnen, muss noch entschieden werden.
Pauka hatte am ersten Prozesstag bereits anklingen lassen, dass bei den Ermittlungen gegen seinen Mandanten von der Polizei eine Straftat begangen worden sei. Wie die WZ erfuhr, wollten die Fahnder unbedingt eine Wanze in dem Fahrzeug des Besitzers der Bordelle anbringen. An der Rethelstraße ging das aber nicht, weil der Wagen immer im Fokus von Überwachungskameras stand.
Über die Telefonüberwachung hatte die Kripo herausbekommen, dass Thomas M. zu einem Termin in Neuss fahren wollte. Allerdings mit einem anderen Auto. Da entschloss sich die Polizei, an diesem Fahrzeug die Reifen zu zerstechen, damit der 48-Jährige in jedem Fall seinen eigenen Wagen nehmen musste, um die Wanzen in Neuss platzieren zu können.
Es wurde nun ein Ermittlungsverfahren gegen den Polizeibeamten wegen Sachbeschädigung eingeleitet. Das allerdings soll Julia Hartmann wegen Geringfügigkeit eingestellt haben. Pauka hält das für eine schwere Verfehlung.
Neu beginnen müsste das Verfahren auch, wenn die gesamte Kammer wegen Befangenheit abgelehnt wird. Dem Rechtsanwalt von Reno W. (28) aus Chemnitz war die Anklageschrift mit erheblicher Verspätung zugeschickt worden, weil man ihn offenbar „vergessen“ hatte. Der Jurist hatte daraufhin beantragt, den Beginn des Prozesses um drei Wochen zu verschieben, was Markus Fuchs abgelehnt hatte. Darüber muss eine andere Kammer des Landgerichtes entscheiden, die das wegen Überlastung nicht vor Montag schaffen wird.
So wurde auch am Dienstag die Anklage gegen die neun Beschuldigten nicht verlesen, aber immerhin konnten die Personalien festgestellt werden.
Ein Thema war außerdem die Versorgung der drei Inhaftierten Thomas M., Monder T. und Oguz G., die wegen der langen Verhandlungstage in der Justizvollzugsanstalt kein Abendessen mehr bekommen. Das wird nämlich um 17 Uhr ausgegeben, zusammen mit dem Frühstück. Die Kammer will nun überlegen, ob die Angeklagten mit Essen aus der Gerichtskantine versorgt werden können. Montag wird weiterverhandelt.