Frau Schüle, die „Traumfabrik“ ist ein Film, der auf Sie zugeschnitten wurde. Wie fühlt sich das an?
Interview Schauspielerin Emilia Schüle: „1961 ist nicht so weit weg, wie wir es uns wünschen“
Düsseldorf · Der 60er-Jahre-Film „Traumfabrik“ mit Emilia Schüle wird am Dienstag im Düsseldorfer Open-Air-Kino gezeigt. Ein Gespräch über den Film, die Dreharbeiten und Grenzen, die Menschen auseinanderbringen.
Emilia Schüle (26) hat den richtigen Beruf gewählt. Sie ist als Schauspielerin schon weit gekommen. Seit ihrem 13. Lebensjahr steht sie vor der Kamera, hat unzählige Kino- und Fernsehfilme gedreht, gerade steht die zweite internationale Produktion an. Hollywood scheint nicht mehr weit. Am Dienstag wird im Düsseldorfer Open-Air-Kino ihr neuer Film „Traumfabrik“ gezeigt, in dem Schüle die weibliche Hauptrolle spielt, das französische Tanzdouble Milou. Mehr noch, der Film ist auf sie zugeschnitten worden: Das Projekt wurde von Produzent Tom Zickler und Regisseur Martin Schreier mit Emilia Schüle im Kopf entwickelt. Erst nach ihrer Zusage wurde das Drehbuch geschrieben.
Die Geschichte: Ein junger Statist, Emil (Dennis Mojen), verliebt sich am Set einer großen Filmproduktion in das Tanzdouble eines französischen Filmstars. Sie verlieben sich – aber es ist August 1961 in Berlin, die Stadt wird geteilt, die Produktion muss das Studio Babelsberg verlassen. Emil muss in Berlin bleiben. Um Milou wiederzusehen, entschließt er sich, einen bombastischen Film für die Filmdiva zu drehen, damit sie und Milou wiederkommen.
Wir erreichten Emilia Schüle telefonisch in Budapest, während der Dreharbeiten zu der US-amerikanischen Serie „Treadstone“, die auf der Bourne-Filmreihe basiert.
Emilia Schüle: Das ist schon eine einmalige Sache, fast surreal. Plötzlich sagt jemand: Ich schreibe was für dich, das kannst du erst gar nicht glauben. Und tatsächlich war das genau so romantisch, wie der Film selber auch geworden ist.
Sie haben als junges Mädchen getanzt, jetzt spielen Sie eine Tänzerin. Wie hart war die Arbeit?
Schüle: Es war sicher hilfreich, dass ich als Kind getanzt habe, schließlich vergisst der Körper nichts. Trotzdem haben wir zwei Monate trainiert. Und ich bin extrem ungeduldig! Nach wie vor gibt es natürlich einen großen Unterschied zwischen mir und den Profi-Tänzern, aber das Training hat auch sehr dabei geholfen, mich in die Rolle der Milou einzufinden. Gut war auch, dass wir nach der Tanzphase die Dreharbeiten mit dem großen, tanzintensiven Finale begonnen haben. Da war ich noch drin. Und wenn wir es dann verkackt hätten, hätten wir auch gar nicht mehr weitermachen müssen (lacht).
Das Jahr 1961 in Berlin zeigt, wie Landesgrenzen eine Beziehung kaputtmachen können. Für Mitteleuropäer heute unvorstellbar?
Schüle: Das sehe ich nicht so, es passiert vielleicht nicht mehr bei uns, aber überall auf der Welt. In den USA an der Grenze zu Mexiko, wo Kinder von ihren Familien getrennt werden. Die never-ending Brexit-Debatte, die es auch innerhalb von Europa schwerer macht, zu entscheiden, wo man leben will. Oder die Seenotrettung, die zeigt, wo wieder Grenzen gezogen werden. Das alles ist schockierend relevant und macht klar, dass die Situation von Berlin 1961 gar nicht so weit weg ist, wie wir es uns wünschen.
Ihr Schauspiel-Kollege Heiner Lauterbach hat über „Traumfabrik“ gesagt: „Endlich mal wieder ein richtiger Liebesfilm aus Deutschland.“ Fehlt dem deutschen Kino das Genre?
Schüle: Wenn man sich die Branche genau ansieht, erkennt man, dass es in den letzten Jahren zwar eine Flut an Romantic Comedys gab, der klassische Liebesfilm aber total links liegen gelassen wurde. Filme wie „The Notebook“ oder „Titanic“ sind seltener geworden. Ich finde aber nicht, dass sich Liebesgeschichten hinter Comedy verstecken müssen. Die „Traumfabrik“ ist groß und mitreißend. Aber ganz unlustig sind wir auch nicht, vieles ist beim Dreh aus dem Moment heraus entstanden. Ich habe schon Komödien gedreht, bei denen ich später im Kino saß und dachte: Hier könnte aber schon etwas mehr gelacht werden. Bei der „Traumfabrik“ ist es eine ungezwungene Komik.
Was macht den Film denn noch besonders für Sie?
Schüle: Es ist nicht nur eine große Liebesgeschichte, sondern auch eine Liebeserklärung an den Film an sich. Gedreht haben wir im ältesten Filmstudio der Welt, in Babelsberg. Und es war so schön, dort zu drehen. An einem Tag waren wir in einem Piraten-Filmset, am nächsten an einem ägyptischen, dann liefen uns Gänse über den Weg oder sogar Elefanten.
Der Film ist eine bunte Reise, die einlädt, über Träume und grenzenlose Liebe nachzudenken. Mit einer der schönsten Filme, die ich je gemacht habe.
Wie lange liefen die Dreharbeiten?
Schüle: Etwa zweieinhalb Monate. Für das gesamte Team existiert dann nichts anderes, das eigentliche Leben ist on hold. Und nine-till-five läuft da nicht, eher 6 bis 19 Uhr jeden Tag.
Sie absolvieren immer ein ziemliches Pensum an Filmen pro Jahr. 2017 beispielsweise waren es vier Kinofilme und die Fernseh-Serie „Charité“. Wird das irgendwann zu viel?
Schüle: Ich habe mir schon vorgenommen, etwas kürzer zu treten, 2018 war auch nicht mehr ganz so wild wie 2017. Aber es macht mich auch nervös, wenn ich nicht viel zu tun habe. Dann überlege ich, mal eine richtig tolle Reise zu machen, aber es ist verdammt schwer für mich, etwas zu buchen.
Inwiefern?
Schüle: Bei mir geht das immer nur last minute. Ich hätte Lust, im Dezember nach Österreich in den Schnee zu fahren, aber ich kann nicht so weit im Voraus planen. Denn dann kommen doch noch wichtige Termine rein und dann muss alles wieder storniert werden. Ich würde auch furchtbar gerne öfter Konzert- oder Festivaltickets kaufen, aber das geht eben oft nicht ohne Vorlauf.
Wie ist das denn für Ihre Freunde und Familie?
Schüle: Die kennen das ja zum Glück schon lange von mir und nehmen es mir auch nicht übel, dass ich alles immer nur unter Vorbehalt zusagen kann. Letztens war ich auch für ein Wochenende zu Hause in Berlin, konnte meine Mutter aber gar nicht sehen. Aber es gibt auch mal Phasen, in denen ich fünf Tage am Stück frei habe. Und da versuche ich dann, einiges nachzuholen.