Seniorentheater spielt Ibsens „Peer Gynt“

Premiere ist am Mittwoch kommender Woche im Juta, Forum Freies Theater.

Foto: Babic Fotografie

Er ist ein Wanderer und Sucher. Sein Leben lang zieht Peer Gynt von Kontinent zu Kontinent, quer über den Globus. Und doch lernt der norwegische Bauernsohn, den manche Literaten als einen ‚nordischen Faust’ deuten, kaum etwas aus seinen Abenteuern und findet nicht seine wahre Identität.

Der Titelheld des Bühnenstücks, das Henrik Ibsen vor 150 Jahren zunächst als dramatisches Gedicht verfasste, wird in der nächsten Woche auf der FFT-Bühne zu sehen sein - als neue Produktion des Senioren-Theaters Seta. Zehn Männer und zwölf Frauen — im Alter von 63 bis 91 — gehören zum Ensemble, das seit Februar probt. Einige treten auch im neuen Schauspielhaus-Format der „Bürgerbühne“ auf. Nicht das komplette Werk bringt die Truppe auf die Bretter. Vom 100-Seiten-Original sind in Sievers’ Fassung 37 übriggeblieben. Das ist Textmenge genug für die Seta-Laien, die jedoch seit 28 Jahren im Text-Lernen geübt seien.

„Wir blicken zurück auf ausgewählte Stationen von Peer Gynts Lebensreise“, sagt Kathrin Sievers, Jahrgang 1966. Die Regisseurin und studierte Germanistin und Sinologin, die damit ihre zweite Seta-Regie vorlegt, probt das Ibsen-Drama mit den 22 Darsteller(inne)n des ‚Seta’ und fiebert mit ihnen der Premiere am 25. Oktober entgegen. Bis zum 29. Oktober präsentiert die traditionsreiche Amateur-Truppe dann diese Neu-Inszenierung im FFT-Juta, Kasernenstraße 6. Gespielt wird auf sparsam ausgestattete Bühne, anderthalb Stunden, pausenlos. Letzteres habe sich nicht nur bei Laien-Darstellern bewährt, auch um den Spannungsbogen zu halten, so Sievers. „Peer findet nicht, was er sucht, sein ganzes Leben lang.“ So das Fazit der versierten Theatermacherin, die meist mit Profis arbeitet, an Stadttheatern in Wuppertal, Bochum, Duisburg oder Münster.

Sie spricht begeistert von der Arbeit mit den Amateuren. „Menschlich gesehen ist das Inszenieren mit jungen (im Jugendclub) oder älteren Laien (im Seta) spannender, aufregender“, sagt die Mutter eines elfjährigen Sohns und Ehefrau eines Kampfmeisters aus der Karibik. Die Darsteller, meist Rentner, haben ein Stück ihres eigenen Lebens hinter sich, wirken als gestandene Persönlichkeiten authentisch auf der Bühne, freier und expressiver als junge Darsteller. Auf den Stationen, die sie auf die Bühne bringen, verwischen immer wieder Grenzen zwischen Realität und Traumwelt des Antihelden Peer.

Anfangs in der Dorfgemeinschaft, in der Peers Mutter ihren Sohn überbehütet und glorifiziert. Ebenso in der Beziehung zu seiner geliebten Solveig, die er aber, des Ruhmes wegen, verlässt. Später auch in der surrealen Welt mit Trollen und dann in Marokko, wo Peer als gemachter Mann Reichtum anhäuft. Der Meisterpsychologe Ibsen zeige dabei den Größenwahn Peers, der getrieben wird von dem Wunsch: „Ich will Kaiser werden.“

Als gebrochener alter Mann kehrt er von seiner Reise zurück und muss — in der Erkenntnis, dass er seine Ziele nicht erreicht hat und gescheitert ist - um seine Seele kämpfen. Für Ibsen war die Arbeit am Peer Gynt auch eine satirische Abrechnung mit den Norwegern, mit der Enge ihrer Welt. Dazu passe natürlich nicht Edward Griegs bekannte Vertonung: Die beiden „Peer Gynt-Suiten“ sind ein unverwüstlicher Hit, weltweit in allen Konzertsälen. Kaum ein Wunschkonzert verzichtet auf den ersten, verklärenden Satz „Morgenstimmung“. Dennoch will Sievers nicht auf Musik verzichten, sie unterstütze die Atmosphäre und erleichtere die Arbeit der Schauspieler. So wählte sie Jazznummern von Miles Davis und Weltmusik aus.