Pro & Contra Soll die Tour de France in Düsseldorf starten?

PRO - Die Kosten sind gering, mehr Publicity kann die Stadt derzeit kaum erzielen — und leider ist es das, was heutzutage vor allem zählt.

Alexander Schulte, alexander.schulte@wz.de

Nein, sympathisch ist das alles nicht. Nicht die chronisch dopingverseuchte Tour de France an sich. Und auch nicht der fast bedingungslose Kampf um Aufmerksamkeit, dem sich heutzutage sogar öffentliche Gemeinwesen nicht mehr entziehen zu können glauben.

Auf der anderen Seite gibt es schlagkräftige Argumente dafür, dass sich Düsseldorf um den Tour-Start am Rhein bemühen sollte. Dieses Radrennen bannt noch immer die Massen, es wird 2017 in Ermangelung von Fußball-WM und Olympia das größte Sportereignis der Welt sein. Man darf darüber den Kopf schütteln, weil sich garantiert viele Teilnehmer immer noch gedopt aufs Rad setzen. Nur müsste man dann das Doping-Problem auch in anderen Sportarten (Fußball!) endlich ernsthafter angehen.

Aus Sicht eines Stadtoberhauptes gilt es nüchtern zu konstatieren, dass es derzeit keine bessere Möglichkeit gibt, seine Stadt weltweit — und sei es nur für zwei Tage — medial zu „platzieren“. Und dafür wirken Kosten von gut sechs Millionen Euro wirklich vertretbar, auch wenn es natürlich Stuss ist, die Kommerz-Profi-Rundfahrt mit der Förderung des Radverkehrs in Düsseldorf in Verbindung zu setzen. Unstrittig indes ist, dass der Tour-Auftakt sehr viel Geld in die Stadt spülen würde — insofern dürfen sich auch die (privaten) Profiteure des Spektakels finanziell stärker beteiligen.

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CONTRA - Die Bewerbung ist ziemlich verlogen. Vor allem aber braucht die Stadt das Geld dringender für andere Aufgaben.

René Schleucher, rene.schleucher@wz.de

Man muss sich schon sehr wundern: 2008 hat sich die Stadt schon mal um den Auftakt der Tour de France bemüht. Seinerzeit zog der damalige Oberbürgermeister Dirk Elbers die Bewerbung aber aus Kostengründen zurück. Knapp sechs Millionen Euro städtischer Eigenanteil waren kalkuliert worden — zu viel, fanden die Politiker im Rathaus unisono. Die Summe sei „unerhört“, meinte FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, auch angesichts der Doping-Skandale. „Eher skeptisch“ äußerte sich auch ihr SPD-Kollege Günter Wurm, die Grünen sahen das ähnlich.

Sieben Jahre später ist alles anders: Nun will die politische Ampel im Rathaus sogar mehr Geld locker machen, um die — vermutlich immer noch dopingverseuchte — Tour doch noch zu holen. Um das Gewissen zu beruhigen, soll es als moralischen Deckmantel Anti-Doping-Veranstaltungen im Rahmenprogramm geben. Mit Verlaub, das ist schon alles ziemlich verlogen.

Vor allem, wenn man bedenkt, wie viele große Aufgaben die Stadt vor der Brust hat: Schulausbau, Flüchtlingshilfen, neue Bäder, marode Kulturbauten — der Aufgabenstau ist so groß, dass die Stadt ihn ohne neue Schulden wird kaum bewältigen können. Für neue Schulen mag man die Schuldenfreiheit in Frage stellen. Aber für die Doping-Tour? Bitte nicht.