Kleider machen Leute, Sport-Klamotten machen Loser
Stadt-Teilchen Am 21. Januar ist der Tag der Jogging-Hose. Das wird auch in Düsseldorf leider öfter gefeiert. . .
Düsseldorf. Kann denn Mode Sünde sein? Fragt man sich, wenn manche Zeitgenossen in ausgebeulten Großraum-Modellen, die eigentlich für den Sport gedacht waren, durchs Stadtbild schlurfen. Schon Karl Lagerfeld erklärte in der Talkshow von Markus Lanz: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Aber das kann man ja auch nicht mehr ernst nehmen. Karl der Große schickte seine Models für Herbst/Winter 2015 in lässigen pinkfarbenen Sporthosen über den Laufsteg. So eine Art abgespeckter Cindy-aus-Marzahn-Look, allerdings kreiert für Chanel. Durchaus denkbar auch in Klein-Paris am Rhein.
Kommt allerdings aufs Stadt-Teilchen an, ob der Schlabber-Look vom Discounter oder Designer ist. In manchen Eckkneipen in Derendorf oder Oberbilk ist Jogging-Hose quasi Dress-Code. Sieht beileibe nicht immer gut aus. Nun trägt Hartz 4 natürlich auch nicht Y-3. Das sind diese Luxus-Sportklamotten, die der japanische Kult-Designer Yohji Yamamoto für die Kultmarke Adidas entwirft. Einzelteilchen davon kosten leicht so viel wie ein ganzer Business-Anzug. Was man aber nicht immer sieht, wenn die drahtigen Düsseldorfer Bachelors und Masters darin am Rhein joggen.
Nicht nur von dort bekommen Dauerläufer und Stubenhocker jetzt Oberwasser. Am 21. Februar ist der Tag der Jogging-Hose, aus- und aufgerufen von vier Österreichern über Facebook gegen die Diskriminierung des Schlabber-Looks. Zumindest der Zeitpunkt ist gut gewählt.
Nach den vielen fetten Feiertagen haben wir uns - wie alle Jahre wieder - vorgenommen, zu Beginn des neuen Jahres abzuspecken. Doch das einzige, was an Gewicht verliert, sind bekanntlich die guten Vorsätze. Somit ist gegen Ende des ersten Monats ein guter Zeitpunkt, es sich in einer elastischen Hose gemütlich einzurichten. Dann ist der Druck auf die Leibesmitte nicht so groß.
Auch mein innerer Schweinehund liebt ab und zu die Weite und Bewegungsfreiheit seiner Jogging-Hose. Speziell an Trainingstagen, wenn ich ihn gegen seinen Willen aus dem Haus jage. Macht er leider nur bis zum so genannten Premium-Club auf der Kö mit. Die günstige Mucki-Bude ist ihm zu weit weg. Aus purer Bequemlichkeit starten wir gleich von zu Hause aus im Sport-Dress. Jacke drüber, Schal um den Hals, fertig.
Nun sagen ja Sport-Psychologen, man soll sich nach erbrachter Leistung selbst belohnen. Nichts leichter als das auf der Kö, sollte man meinen. Aber wehe, ich wage mich nach dem Training unumgezogen in einen dieser Konsumtempel. Diese Blicke! Was will „die“ denn hier? Ob die sich „uns“ überhaupt leisten kann? Kleider machen Leute, Jogging-Klamotten Loser, Luxus-Label mit mir deshalb leider keinen Umsatz.
Da muss frau schon ein gut trainiertes Selbstbewusstsein haben. Auch im angeblich besten Lampen-Laden der Stadt, den ich ungeschminkt mit der Sporttasche über der Schulter betrat - und schon ging der beabsichtigte Kaufakt in die Hose. Ich blieb einfach unsichtbar — trotz der Festbeleuchtung drumherum.
Nur der Verkäufer war keine Leuchte. Erst auf hartnäckige Nachfrage knipste er zögerlich die Stehlampe meiner Wahl an, als ob er mich nicht bei Licht betrachten wollte - und verschwand auch gleich wieder. Ich notierte mir in aller Seelenruhe den Hersteller - und bestellte online. Vom Sofa aus in Schlabberhose.
So eine Jogging-Hose hat ja auch viele Vorteile: Es gibt so gut wie keine Passform-Probleme. Und Mann muss ja nicht unbedingt Sport damit treiben, sondern kann darin einfach nur smart Sport gucken. Mode-Tipp für ein lokales Statement zum Feiertag der Jogginghose: Puma Fortuna, silbergrau mit Fortuna-Logo auf dem Schenkel und neckisch-weißen Schleifchen vor dem Bauch, der bleibt.