Lage spitzt sich zu Handwerk wird vermutlich nur noch halb so stark wachsen
Düsseldorf · Schon 2023 hat das Handwerk stärker als die Gesamtwirtschaft einbüßen müssen. Ursachen dafür liegen unter anderem in der politischen Praxis, meint die Handwerkskammer NRW – und fordert gleichzeitig ein Umdenken.
Die deutsche Handwerksbranche blieb 2023 hinter der Gesamtwirtschaft zurück: die Umsätze waren geringer, die Auftragseingänge ließen nach, der Mitarbeiterbestand schrumpfte. Obendrein hat die Zahl der Insolvenzen zugenommen, auch wenn dies nur die Spitze des Eisbergs ist. „Der Blick auf 2024 ist auch nicht wirklich hoffnungsvoll“, prognostiziert der nordrhein-westfälische Handwerkspräsident Andreas Ehlert.
Zwar werde sich die Rezession voraussichtlich nicht fortsetzen, doch das Wachstum in der Handwerksbranche sei weiterhin minimal. Deutschland stehe damit weit hinter der Dynamik anderer Länder. Die Handwerkskammer NRW geht davon aus, dass sich der Umsatzwachstum in diesem Jahr auf drei Prozent halbieren wird. Auch der Personalbestand werde vermutlich erneut um ein Prozent schrumpfen.
Um die Handwerksbranche demnach zu stärken, sei unter anderem eine Kehrtwende der Baupolitik erforderlich. Ein guter Anfang war demnach die Reform der nordrhein-westfälischen Landesbauordnung. Doch die zu Beginn des Jahres eingetretenen Änderungen reichen der Handwerkskammer nicht: Zusätzlich sei eine Absenkung der Grunderwerbsteuer notwendig – Nordrhein-Westfalen ist in diesem Bereich Höchststeuerland. Um Bauen einfacher und preiswerter zu machen, fordert die Handwerkskammer NRW auch den Verzicht von Rohstoffabgaben. Verlässliche Förderbedingungen würden zudem den Wohnungsbau voranbringen.
Nicht neu sind die Forderung nach einem Bürokratieabbau – „dem Königsweg“, wie Ehlert sagt. Komme es zu keiner Bürokratieentlastung, so auch die FDP im Landtag am Mittwoch, bestehe die Gefahr, dass Nordrhein-Westfalen mit der Rezession unter dem Bundesdurchschnitt rutschen könnte. Eine bessere kommunale Finanzerstattung zum Beispiel fördere die Entbürokratisierung, heißt es seitens der Handwerkskammer. Und diese stärke am Ende auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Nordrhein-Westfalens. Elementar sei ebenfalls ein Umdenken in Energie- und Wärmepolitik.
Ziele zu Klimaneutralität überfordern auch das Handwerk
Die ehrgeizigen Ziele der Transformation in Sachen Klimaneutralität würden nicht nur Verbraucher, sondern eben auch die Handwerksbranche überfordern.
Ohne qualifiziertes Personal bringen dem Handwerk all die Bestrebungen jedoch nichts. Insgesamt schrumpfte der Mitarbeiterbestand zum Jahresende um ein Prozent. Die Fachkräftesicherung sei demnach „ein Existenzthema“. Neben bildungspolitischen Ansatzpunkten „könnte auch die Migration ein großer Teil der Lösung sein“, sagt Andreas Ehlert. Doch derzeit habe Deutschland große Schwierigkeiten, qualifizierte Zuwanderer in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zum Vergleich: In anderen Ländern ist der Anteil geflüchteter Ukrainer im Arbeitsmarkt doppelt so hoch wie in Deutschland.