Stimmungsbild am Wahlabend: Jubel, Trubel — und lange Gesichter
Bei CDU und FDP wollte sich am Sonntag keine rechte Freude einstellen. Dafür feierten SPD und Grüne umso ausgelassener.
Düsseldorf. Die Wahl zum Stadtrat hat am Sonntag die politischen Verhältnisse in Düsseldorf nachhaltig geändert. Noch nie sind so viele Parteien und Gruppierungen in das Parlament eingezogen — insgesamt neun. Ganz neu vertreten ist die AfD mit zwei Sitzen, die Piraten mit einem Sitz sowie die Tierschutzpartei mit ebenfalls einem Sitz. Dieser Umstand macht die Mehrheitsbildung im Stadtrat schwierig (siehe Seite 15).
Und er führt dazu, dass die etablierten Parteien nicht richtig gut abschneiden: Nur die SPD verzeichnet ein Plus (immerhin sechs Prozentpunkte) — im historischen Vergleich ist das aber immer noch das zweitschlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten bei einer Düsseldorfer Kommunalwahl.
Die Wahlbeteiligung war erwartet schlecht: Sie erreichte bei der Ratswahl 49,1 Prozent — auch das ist der zweitschlechteste Wert bei einer Kommunalwahl in Düsseldorf seit 1946. Überhangmandate gibt es übrigens nicht.
Die Stimmung bei den Christdemokraten war Sonntagabend nur mäßig gut. Das Ergebnis bei der Kommunalwahl ist fast sechs Prozentpunkte schlechter als 2009. Nur einmal, 1952, bekam sie in Düsseldorf ein noch schlechteres Ergebnis. Zwar mochte kein CDU-Grande öffentlich von einer Niederlage sprechen — schließlich geht der OB-Wahlkampf jetzt noch drei Wochen lang weiter —, aber in den Gesichtern war die mäßige Stimmung ablesbar. Partystimmung wie bei der SPD wollte sich nicht einstellen. Fraktionschef Friedrich Conzen sprach aus, was viele dachten: „Wir sind immer noch die bestimmende Kraft in Düsseldorf, aber natürlich hätte ich mir mehr erhofft.“
Immer wieder versuchten Unions-Anhänger Stimmung zu machen. Jeder Sieg in einem der 41 Wahlbezirke wurde ausführlich beklatscht. Und doch wirkten diese Szenen eher bemüht.
Eine solche Stimmung hat es bei der SPD seit dem Wahlsieg von Gerhard Schröder nicht mehr gegeben. „Thomas, Thomas“-Sprechchöre schallen durch das Rathaus, als der OB-Kandidat um 21.20 Uhr endlich kommt. Und: „Thomas, lös den Elbers ab“. Die Sozen waren völlig aus dem Häuschen.
Geisel hatte mit seiner Frau Vera im Büro von Bürgermeisterin Gudrun Hock gewartet und wäre am liebsten schon früher zum Feiern erschienen. Denn etwas früher am Abend sah das Ergebnis für ihn ja noch besser aus. Doch die erfahrenen Strategen hielten ihn zurück, bis wirklich klar war, dass es zur Stichwahl kommt.
Zum direkten Kontakt der Matadore Elbers und Geisel kam es am Abend übrigens nicht. Dafür beehrte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Geisel bei dessen Feier auf der MS Düsseldorf und gratulierte: „Ein tolles Ergebnis, ich habe immer damit gerechnet, dass Thomas Geisel in die Stichwahl kommt.“
Zufriedenheit herrschte auch über das Wahlergebnis bei der Ratswahl — obwohl es das zweitschlechteste Ergebnis aller Zeiten für die Düsseldorfer Sozialdemokraten ist. Aber immerhin ging es sechs Prozentpunkte gegenüber dem „Horrorergebnis“ von 2009 rauf. „Und das ist mir ehrlich gesagt erst einmal das wichtigste heute Abend“, sagt Markus Raub, der Chef der SPD-Ratsfraktion.
Gelöste Stimmung bei den Grünen: Im Ufer 8 wurde das Wahl-Ergebnis gefeiert, mit Altbier und Fingerfood. Nur marginale Verluste musste die Partei im Vergleich zu 2009 hinnehmen und konnte das schwache Ergebnis bei der Bundestagswahl vergessen machen. Aber das Wichtigste: Die Grünen haben gute Chancen, die Politik in der Stadt in einer Koalition mitzugestalten. Doch dafür sind nun richtungsweisende und schwere Entscheidungen zu treffen. Denn: Die Parteimitglieder wollen einen Politikwechsel in der Stadt, aber das hieße, dass man sich für Thomas Geisel als OB starkmachen müsste. Das wiederum ließe sich jedoch nicht mit Schwarz-Grün vereinbaren.
Vor die Vorlieben liegen, konnte man Sonntagabend zum Teil schon sehen: Einige prominente Grüne (u.a. Günter Karen-Jungen, Iris Bellstedt) ließen sich bei der CDU blicken und plauderten nett, andere (Fraktionssprecher Norbert Czerwinski, OB-Kandidatin Miriam Koch) feierten später aber mit Thomas Geisel und der SPD auf einem Schiff der Weissen Flotte, das am Rathaus vor Anker lag.
Außerdem konnten die Grünen einen Achtungserfolg verbuchen. In Friedrichstadt Ost setzte sich Dietmar Wolf mit 26,6 Prozent hauchdünn als Direktkandidat durch. Unter anderem gegen Angela Erwin (CDU; Tochter des verstorbenen Oberbürgermeisters Joachim Erwin), die auf 26,1 Prozent kommt, und Hans-Jochem Witzke (SPD) mit 25,8 Prozent.
Alles andere als gut war dagegen die Laune bei der FDP. Gisela Piltz, ehemalige Parteivorsitzende, zog ein ernüchterndes Fazit. „Wir haben auf eine eigene OB-Kandidatin verzichtet, um die Stichwahl zu verhindern, dafür wollte Marie-Agnes Strack-Zimmermann Erste Bürgermeisterin bleiben — und wir wollten mit Schwarz-Gelb weiter machen. Alle drei Ziele haben wir nicht erreicht.“ Und sie fügte hinzu: „Ich weiß, wie man sich als Parteivorsitzende an so einem Abend fühlt.“ Wenn man weiß, dass es um das Verhältnis von Piltz und Strack-Zimmermann nicht gut bestellt ist, muss man das wohl als Spitze verstehen.
Auch wenn Strack-Zimmermann nicht mehr erste Bürgermeisterin sein wird, holt sie zumindest als Direktkandidatin im Bezirk Altstadt/Stadtmitte das beste Ergebnis für die FDP in Düsseldorf: 13,6 Prozent. Insgesamt sei das Ergebnis gar nicht so schlecht, beteuerte FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus: „Im historischen Vergleich sind die sieben Prozent noch eines der besseren Ergebnisse.“