Telefonterror bei der 110: 35-Jähriger bekommt neun Monate auf Bewährung

Wegen 106 Jux-Anrufen bei der Polizei wurde gestern ein Mann verurteilt. Böse Scherze mit dem Notruf sind weit verbreitet.

Düsseldorf. Die Polizeibeamten waren genervt. Über 100 Mal hatte ein 35-Jähriger im November 2005 den Notruf angerufen. "Es war regelrechter Terror", sagte ein Kommissar gestern vor dem Amtsgericht, wo sich der Anrufer wegen Missbrauchs von Notrufen verantworten musste. Morgens, mittags, abends, nachts - ständig hatte der 35-Jährige von seinen beiden Handys die 110 gewählt. Doch statt etwas zu sagen, stöhnte er nur ins Telefon. Durch die Anrufe waren die Notruf-Leitungen des Polizeipräsidiums stundenlang lahm gelegt. Nach dem 106. Anruf war es den Beamten zu bunt: Sie stellten die Handys des 35-Jährigen sicher und erstatteten Anzeige.

Vor Gericht erzählte der arbeitslose Mann eine merkwürdige Geschichte: Kurz vor Beginn der Anruf-Serie habe er einem fremden Mann seine Sim-Karten gegeben. Zufällig, wenige Minuten vor Eintreffen der Polizei in seiner Wohnung, habe dieser ihm die Karten zurückgegeben. "Ich war das nicht", behauptete der Angeklagte mehrfach. Vergeblich - der Richter glaubte ihm nicht. "Die Geschichte ist völlig konstruiert." Er verurteilte den 35-Jährigen, der bereits wegen Titelmissbrauchs und Amtsanmaßung vorbestraft ist, zu neun Monaten Haft auf Bewährung.

Nicht die Höchststrafe für dieses Vergehen: Wer Notrufnummern missbraucht, kann mit Haft von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe belangt werden. Das jedoch hält die Übeltäter nicht vom Telefonieren ab: Die Feuerwehr hat unter den 1500 täglichen 112-Anrufen gut 100 Irrläufer. "Das sind Kinder, Obszöne oder Menschen, die mal ihr Handy testen wollen", weiß Sprecher Heinz Engels. Zur Anzeige gebracht werden in der Regel zwar nur Anrufe, die einen falschen Einsatz auslösen - doch auch das kommt pro Woche bis zu zehnmal vor, so Engels.

Auch die Polizei kennt das Problem. "Seitdem jeder ein Handy hat, ist das immer mehr geworden", so Sprecher André Hartwich. Gerade bei bewussten Missbräuchen setzt er auf die Technik: "Es gibt gute Möglichkeiten, den Standort oder den Anschluss jedes Anrufers zurückzuverfolgen."

Die Mitarbeiter der Düsseldorfer Telefonseelsorge können sowas nicht - und doch sinkt bei ihnen die Zahl der Jux-Anrufer: 2006 waren es gut 13 Prozent von 20 000 Anrufen. "Es war mal fast ein Viertel", so Rüdiger Kerls-Kress, Gemeindereferent bei der Einrichtung. Hier versuche man, die Scherze gerade bei Kindern locker zu nehmen. "Aber manchmal ärgert einen das ganz schön."