Düsseldorf The XX - die Außerirdischen der Indiepop-Szene
Ihre Songs sind purer Minimalismus: Die britische Band The XX begeisterte 7500 Fans in der Halle an der Siegburger Straße.
Düsseldorf. Das Raumschiff ist gelandet und spuckt drei Gestalten aus, die in Schwarz gekleidet die Bühne betreten und sich der Spezies Mensch nähern. Sie tun das zwar verhalten, schüchtern, nahezu wortlos gegenüber dem Publikum und fast schon peinlich berührt ob des Rummels, der um ihre eigene Ankunft gemacht wird. Aber dennoch mit einer Eindringlichkeit, die an Jedi-Ritter-Mächte erinnert. Romy Madley Croft (Gitarre), Jamie Smith (Keyboards) und Oliver Sim (Bass) stehen inmitten eines riesenhaften, sich stets drehenden Spiegelkabinetts, in dem sich das Licht blinkender Leuchtdioden und hell strahlender Scheinwerfer zigfach bricht.
7500 Zuschauer in der ausverkauften Halle an der Siegburger Straße werden in diesen Orbit wie in ein schwarzes Loch gesogen. Und niemand wehrt sich. Warum auch? The XX sind nun einmal die Außerirdischen der Indiepop-Szene: Gefeiert als vom kreiselnden Discokugelplaneten Pluckergrummel hinabgestiegene Erlöser, die den musikalischen Einheitsbrei hinwegwischen. Mit einer Gewalt, die an Sanftheit nicht zu überbieten ist. Und mit Waffen, die simpler nicht sein könnten.
Ihre Songs sind nämlich purer Minimalismus: ein Bass, der nur spärlich Töne ausspuckt. Eine Gitarre, die minutenlang zwischen zwei klirrenden Akkorden hin- und herspringt. Elektrobeats, die einen kargen Teppich aus Fiepen, Dröhnen und Donnern knüpfen. Das funktioniert auf Platte schon ganz hervorragend — nicht umsonst sind die drei Alben der Londoner Aliens Lieblingsplatten jener Musikfans weltweit, die den Begriff „Musikfan“ noch ernst nehmen und als heilig ansehen. Aber live funktioniert das noch besser.
Eineinhalb Stunden The XX sind eineinhalb Stunden, in denen alle Körper-Systeme, auch die nervösesten und hibbeligsten, konsequent runtergefahren werden auf ein Niveau, das nahe an der völligen Ruhe bei gleichzeitig allumfassender Glückseligkeit liegt. Man kann zwar einzelne Songs herauspicken — etwa das umwerfend tanzbare „VCR“ oder das sphärisch-erhabene Jamie-XX-Cover Loud Places“. Indes: Letztlich ist diese Musik wie ein Fluss, der in beruhigend gleichmäßigen Wellenbewegungen und nur gelegentlich mit einem Strudel hier und einem Aufwerfen von Gischt da über einen hinweggleitet und in Ohren, Hirn und Magengrube kitzelt. Und auch wenn man natürlich deutliche Referenzen an Künstler wie The Cure, Joy Division, New Order oder die Techno-Garde der 90er Jahre heraushört: So eine Musik wie The XX macht niemand sonst. Entrückend. Entzückend. Eben wie aus einer anderen Welt. Die Macht ist offensichtlich mit ihnen.