Gericht Tragischer Unfall vor der Schule: War 91-Jähriger fahruntüchtig?

Er hatte eine Rentnerin mit ihrem Hund überfahren. Die Kinder der 69-Jährigen wollen, dass der Mann wegen vorsätzlicher Tötung verurteilt wird. Der Senior meldete sich zum Prozess kurzfristig krank.

Auf dem Überweg vor der Grundschule an der Graf-Recke-Straße kam es zu dem Unfall.

Foto: Gerhard Berger

Prozesse nach tödlichen Verkehrsunfällen enden für die Verursacher meist glimpflich mit Bewährungsstrafen, weil nur eine geringe Schuld festgestellt wird. Das könnte im Fall eines 91-Jährigen, der sich am Montag wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten sollte, anders ausgehen. Denn Rechtsanwältin Anja Riemann-Uwer fährt als Vertreterin der Nebenklage schweres Geschütz auf: „Wir wollen, dass der Mann wegen vorsätzlicher Tötung verurteilt wird.“ Denn der Senior sei schon länger nicht mehr fahrtüchtig gewesen und habe das auch gewusst. Der 91-Jährige meldete sich kurz vor Prozessbeginn krank. Er soll nun zum nächsten Termin am 12. Juni von der Polizei vorgeführt werden.

Es war der 10. September vergangenen Jahres um 11.58 Uhr. Eine 69-Jährige ging an der Graf-Recke-Straße mit ihrem Hund Gassi und überquerte den Fußgängerüberweg. In der Tempo-30-Zone. Doch als  der Mercedes auf den Zebra-Streifen zufuhr, stoppte er nicht. Der Wagen erfasste die Frau und ihren Hund. Die 69-Jährige wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert und starb wenig später im Krankenhaus. 

Den Führerschein hatte der
Senior sofort abgegeben

Der 91-Jährige hatte angegeben, dass er einen Moment abgelenkt war, weil er gerade das Autoradio lauter drehen wollte. Darum hatte die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Den Führerschein hatte der Angeklagte nach dem Unfall abgegeben.

Anja Riemann-Uwer, die die beiden Kinder des Opfers als Nebenkläger vertritt, hält diese Version allerdings für erfunden. Ihr liegt die Aussage eines Zeugen vor, der mit dem ehemaligen Handelsvertreter Golf gespielt hat: „Der hatte schon längere Zeit vor dem Unfall festgestellt, dass der 91-Jährige die Bälle beim Aufsammeln nicht mehr findet. Und dass der Mann die Flugbahn nicht mehr sehen kann.“ Er habe dem Angeklagten auch geraten, einen Augenarzt aufzusuchen. Was er aber offenbar nicht getan hat.

Wer weiß, dass er aufgrund einer Sehbehinderung nicht mehr fahrtauglich ist, muss den Wagen stehen lassen. „Die Unfallstelle befindet sich außerdem direkt an der Grundschule. Da hätten auch Kinder auf dem Überweg sein können“, begründet die Anwältin, warum sie in dem Fall nicht locker lassen will. Das Verhalten des 91-Jährigen sei unverantwortlich: „Zumal er offenbar auch noch zu schnell gefahren ist. Denn das Opfer wurde durch die Luft geschleudert.“ Der Mann habe sich  heute nicht entschuldigt.

Der Hund der 69-Jährigen hat den Unfall überlebt. Ein Zeuge hatte ihn damals in die Tierklinik gebracht. Inzwischen kümmert sich die Tochter des Opfers um ihn.