stadt-teilchen Überall in der Stadt gibt’s diese Stellen
Düsseldorf. Es gibt offenbar ein großes medizinisches Problem in Düsseldorf, das nach meiner Einschätzung in seiner Schwere bislang nicht ausreichend erkannt wurde. Dabei kann man gerade jetzt mit Blick auf die tollen Tage daran riechen wie an nichts sonst.
Das Problem betrifft vor allem Männer, die nicht halten können, was der Körper normalerweise über Stunden zu halten gelernt hat.
Ganz offenbar sehen Urologen bewusst über dieses Problem hinweg. Anders kann ich mir nicht erklären, warum sie immer noch nicht Alarm geschlagen haben. Hunderte, ja Tausende von Düsseldorfer Männern haben wohl ein Problem mit ihrer Blase. Diese versagt ganz offenbar immer häufiger ihren Dienst und lässt den beherbergenden Körper zum Notfall werden, der zu seiner persönlichen Rettung keine andere Lösung sieht, als in der nächsten Ecke, an der nächsten Hauswand oder dem nächsten Treppenaufgang Erleichterung zu suchen und zu finden.
Zuerst fiel mir diese galoppierende Inkontinenz am Bilker Bahnhof auf, als ich ihn durch den südwestlichen Seiteneingang betrat. Obwohl keineswegs sommerliche Temperaturen herrschten, machte sich dort ein unerträglicher Gestank nach Urin breit, und sofort wusste ich, dass hier sehr viele Männer in großer Not gewesen sein müssen. Es müssen Männer gewesen sein, weil ich mir nicht vorstellen kann und will, dass Frauen sich in solch einer Umgebung niederlassen. Zudem kenne ich die Herren meiner Art ein wenig und weiß, zu was manche Exemplare dieser Gattung in der Not fähig sind.
Geschockt von dieser Erkenntnis suchte ich in den Folgemonaten weitere Orte dieser Form von olfaktorischer Entgleisung. Ich fand sie immer wieder, ich fand immer mehr. Ich fand einen am Aufgang zum S-Bahnhof Völklinger Straße, ich fand mehrere an den Kasematten, in selten genutzten Unterführungen. Ich fand sie eigentlich überall. Weil es überall bestialisch stank, wurde mir langsam aber sicher das Ausmaß der männlichen Inkontinenz bewusst. Es kann sich dabei nicht um Einzelfälle handeln, das war mir als auf der Straße geschultem Empiriker rasch klar. Es müssen viele sein, denn von zwei oder drei gelegentlich zu Wildpinklern mutierenden Herren kann ja nicht eine ganze Unterführung oder ein ganzer Treppenaufgang derart stinken.
Überhaupt tue ich mich schwer mit dem Begriff Wildpinkler. Diese Wortwahl umweht ja immer noch ein Hauch von Unangepasstheit. Sind halt die wilden Kerle, die da wie Hunde ihre Duftmarken zur Revierkennzeichnung setzen, soll das wohl heißen. Wilde Kerle pinkeln halt wild. Sollen die Braven doch daheim ihr Geschäft erledigen. Nein, es sind keine Helden, die da per Pipifax kommunizieren, es sind Stinkepinkler, die ganz offensichtlich diese Stadt in den Urin treiben wollen und nur ihrer ureigenen Gesetzgebung folgen.
In der lautet Paragraph eins: Ich kann mein Auto parken, wo ich will. Paragraph zwei: Mein armes Hundchen muss doch irgendwo hinmachen. Paragraph drei: Warum soll ich weniger Rechte haben als mein Hund? Freier Strahl für freie Bürger. Und wenn mal zu Stoßzeiten Wachmänner anrücken und mit Strafzetteln drohen, dann wird das Geschäft eben hinter vorgehaltener Hand erledigt. Born to be Wildpinkler.
Nun sind meines Erachtens die Ärzte gefordert, denn diese armen Gestalten haben echt Probleme. Nicht nur sind sie nicht mehr Herr ihrer Blase, sie gehen auch mit zunehmendem Druck im Unterleib ihrer Orientierungsfähigkeit verlustig und neigen zu galoppierender Selbstüberschätzung. Ab 0,6 Promille können sie die Welt erklären und die Relativität aller Theorien sowieso. Sie wähnen sich klug und wissen dann alles. Nur nicht, wo das nächste Klo ist.