Ulmer Höh’ kommt bei Experten gut weg
Flucht: Im Gegensatz zur JVA in Aachen sind die Kranken- und Überstundenstände in Düsseldorf niedrig.
Düsseldorf. Die spektakuläre Flucht zweier Schwerverbrecher aus der JVA in Aachen ist vorbei. Nach Michael Heckhoff ist am Dienstag auch der verurteilte Mörder Peter Paul Michalski festgenommen worden. Fünf Tage lang hielt die Verfolgungsjagd der Beiden die Republik in Atem und auch im Gefängnis an der Ulmer Höh’ ist sie das Thema der vergangenen Tage. "Wir fragen uns vor allem, wie der Ausbruch gelingen konnte", sagt Pater Wolfgang Sieffert, Seelsorger in der Ulmer Höh’.
Nährboden für die Flucht und die Mithilfe eines Justizvollzugsbeamten scheinen katastrophale Arbeitsbedingungen für die Bediensteten gewesen zu sein. 179Überstunden schieben sie nach Angaben des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) im Schnitt vor sich her, der Krankenstand lag Ende September bei 18 Prozent. Auf die Frage, ob die Zustände in der Ulmer Höh’ ähnlich gravierend sind, gibt es von Sieffert ein klares Nein. "Wir haben hier zwar keine Bombenstimmung, aber das Klima bei uns war schon deutlich schlechter."
Diese Einschätzung bestätigt auch der Anwalt Nicolai Mameghani, der sowohl Häftlinge in der JVA Düsseldorf als auch im Aachener Gefängnis vertritt. "In Düsseldorf gibt es deutlich weniger Klagen. Die meisten meiner Mandanten fühlen sich den Umständen entsprechend wohl." In Aachen dagegen müssten die Häftlinge lange Strafen verbüßen. "Für viele gibt es dort keine Hoffnung mehr. Die Frustration der Gefangenen ist deutlich größer."
So gesehen hätten es die Düsseldorf Bediensteten leichter, da sie es vor allem mit Untersuchungshäftlingen zu tun hätten.
Die Zahlen des BSBD bestätigen die Einschätzungen von Seelsorger Sieffert und Anwalt Mameghani. 55 Überstunden haben die Düsseldorfer Bediensteten im Schnitt angehäuft, der Landesschnitt liegt bei 79 Stunden. Der Krankenstand ist mit acht Prozent niedrig. "Eine deutliche entspanntere Situation als in Aachen", sagt Klaus Jäkel, Vorsitzender des BSBD.
Trotzdem sei auch für die JVA-Beamten in Düsseldorf die Belastung groß. Neben dem psychischen Druck, vor allem der permanenten Angst vor Übergriffen, müssten sie wie in anderen Anstalten mehr und mehr Verwaltungsaufgaben übernehmen. Mit dem Umzug in den Ratinger Neubau im nächsten Jahr erwartet Jäkel allerdings Entlastungen für das Personal. "Die Technik ist dann auf dem neuesten Stand. Somit wird weniger Personal für Sicherheitsaufgaben nötig sein."
Fluchten wie sie es sie in den 90er Jahren in der Ulmer Höh’ gegeben hat, werden dann wohl unmöglich werden. 1999 hatte ein 25-Jähriger mit einem Stuhlbein Ziegelsteine in seiner Zellwand herausgebrochen und sich mit einem Betttuch abgeseilt. Ähnlich verlief die Flucht eines 22-Jährigen drei Jahre zuvor.