Düsseldorf Vier Schützen erzählen ihre Geschichte
Die WZ hat einen Musiker, einen Reiter, eine Königin und eine der ersten weiblichen Alt-Schützinnen besucht.
Düsseldorf. Schütze sein heißt mehr als einmal im Jahr feiern. Das zeigt sich bei den vier Festen, die derzeit in Niederkassel, Rath, Itter und Unterbach stattfinden. Träume von tollen Kleidern, überraschende Hobbys und Muskeln spielen eine Rolle. Wir haben in jedem Stadtteil einen Vertreter zu Wort kommen lassen: einen Musiker über sein schweres Instrument, einen Reiter über sein Pferd, eine Königin über ihre Kleider und eine Altschützin über ihre neue Rolle unter Männern.
Dass Manfred Bramer trainierte Muskeln hat, kommt ihm jetzt besonders zugute. Teils mehrere Stunden am Tag marschiert er mit sechs Kilo Chrom durch die Straßen. Er spielt das schwerste Instrument seines Tambourcorps: eine Lyra, eine Art Glockenspiel. Muskelkater oder Rückenbeschwerden, wie es bei Kollegen von ihm schon mal vorkommen kann, kennt er nicht.
„Mir hilft, dass ich recht sportlich bin. Ich mache Fitness, jogge regelmäßig“, sagt er — eine wichtige Voraussetzung. Musiker ist er nebenbei geworden; als es vor 30 Jahren keinen Lyra-Spieler mehr in Niederkassel gab, hat man ihn gefragt, und die Ausdauer stimmte. Bramer hat die Freude an seinem Instrument seither nicht verloren. Zur Vorbereitung aufs Fest übt er einmal die Woche mit anderen Musikern. Dabei kann er die Lyra bequem auf einem Stuhl oder auf dem Schoß abstützen.
Das Marschieren ist dann doch noch mal etwas anderes. „Es kostet Konzentration, ich muss auf die Straße schauen, um nicht in ein Schlagloch zu treten und zu verrutschen“, sagt er. Und wenn die Lyra ihm zu schwer wird, dann wechselt er schon mal die Lage des Instruments. „Irgendwann wird es zur Selbstverständlichkeit.“
Katja Bribois hat sich sehr gefreut, als ihr Mann in Rath letztes Jahr Schützenkönig wurde. „Auf Bälle gehen, tolle Kleider aussuchen und tragen dürfen — ein Traum!“, sagt sie. Zu jedem Anlass muss es ein anderes sein, das sei Pflicht. Rund ein Dutzend hängen daher jetzt in ihrem Schrank, vom Cocktailkleid bis zum farbigen Hochzeitskleid; dazu je nach Modell noch Reifröcke, die sie teils ein wenig auseinandergenommen hat, damit die Türen noch zugehen.
„Wir haben freie Auswahl, daher habe ich Kleider in allen Farben genommen“, sagt sie. Mit Freundinnen und Mitgliedern des Schützenvereins war sie im letzten Jahr viel unterwegs, in Brautläden oder anderen edlen Geschäften der Region. Mehrere Hundert Euro pro Kleid kamen oft zusammen. „Das muss ja nach etwas aussehen“, sagt sie.
Einige wird sie behalten — vor allem die, die mit besonderen Erinnerungen verbunden sind und solche, die sich für andere Anlässe eignen. Mit den anderen Kleidern plant sie, einen Fundus für den Verein anzulegen. So sollen künftig andere Königspaare, die weniger Geld haben, von der Auswahl profitieren.
Dass Reiten einmal sein Hobby wird, hätte Carsten Faßbender nie gedacht. Nur durch den Schützenverein kam er dazu. Vor gut 15 Jahren wurde ein Reiter gesucht, und Faßbender stellte sich der Herausforderung, lernte, sich auf dem Pferd zu halten. In Itter reitet er noch mit einem Kollegen. Mit Reitern aus anderen Vereinen trainiert er regelmäßig in einer Langenfelder Schule auf speziell ausgebildeten Pferden.
Eines davon bringt die Schule ihm Jahr für Jahr zum Umzug. „Welches, das ist oft eine Überraschung. Aber das macht nichts, ich kenne alle gut.“ Wichtig sei dabei, dass die Tiere optisch zusammenpassen. „Mein Lieblingspferd beispielsweise ist sehr groß, dann darf das zweite natürlich nicht klein sein, das würde komisch aussehen“, erklärt Faßbender.
Der Reitstall hat eine gewisse Auswahl, er hat sich auf die Vorbereitung der Tiere für Umzüge spezialisiert. „Musik und viele Menschen, viel Trubel auf den Straßen, das muss das Pferd schon gut vertragen können. Ein ruhiger Charakter ist wichtig, alles weitere wird eingeübt“, sagt Faßbender.
Er selbst fühlt sich mit dem regelmäßigen Training auch sehr sicher. „Die Tiere spüren das.“ Zudem macht ihm das Reiten richtig Spaß. „Wir sind eine eigene Gruppe, mit Reitern aus Oberbilk. Die Gemeinschaft ist toll, und dann raffe ich mich auch auf. Bei Bedarf hilft man sich aus, beispielsweise wenn bei einem Fest mal ein Reiter ausfällt.“
Vor einem Jahr war es noch eine große Premiere, heute ist es für Sarah Schmidt ganz selbstverständlich, dass sie bei den Altschützen in Unterbach dabei ist. „Das freut mich sehr, denn so gehöre ich weiterhin voll und ganz dazu“, sagt sie. Die 25-Jährige ist eine der ersten Frauen, für die das beim dortigen Verein möglich ist. Sie trägt die entsprechende Uniform, darf beim Umzug mitlaufen und am Königsschießen teilnehmen, so wie die Männer.
Mit anderen Frauen hat sie sich dafür starkgemacht, alle damals noch Jungschützinnen. 2016 habe der Verein die Satzung entsprechend geändert. „Ich fand es komisch, dass ich, nur weil ich mit 24 keine Jungschützin mehr bin, plötzlich nur noch zuschauen darf.“ Das ist jetzt anders. „Nun bin ich weiterhin Teil der Gemeinschaft.“ Stolz trägt sie ihre grüne Jacke, die der der Männer ähnelt. Sie freut sich schon, wenn alle ihre Freundinnen das Alter erreicht haben, um nachzurücken. Viele sind es derzeit nicht. „Bald sind wir insgesamt sechs Frauen bei den Altschützen. Ich freu mich darauf.“