Bürgerbefragung in der Landeshauptstadt Womit die Düsseldorfer unzufrieden sind
Düsseldorf · Die Stadt hat vor der Pandemie rund 8000 Bürger gefragt, was sie an Düsseldorf schätzen und was sie belastet. Das Ergebnis zeigt: Für das Stadtmarketing soll weniger Geld ausgegeben werden, für Kita- und Pflegeplätze dagegen mehr.
Die Düsseldorfer leben gerne in ihrer Stadt und schätzen deren Lebensqualität. Trotzdem sehen sie auch die Defizite der wachsenden Metropole, zu denen hohe Mieten, unsichere Radwege, fehlende Wohnungen und zu viel Verkehr gehören. So lautet die Quintessenz der vierten allgemeinen Bürgerbefragung, deren Ergebnisse die Stadt in einer 75 Seiten starken Dokumentation veröffentlicht hat. Die wichtigsten Fakten im Überblick.
Wie werden die Daten erhoben?
Seit 2015 fragt die Stadt danach, wie zufrieden die Bürger sind und welche Probleme sie beschäftigen. Für die jetzt präsentierten Ergebnisse wurden 2019 rund 28 000 Düsseldorfer ab 18 Jahren angeschrieben, die per Zufallsverfahren über das Melderegister ermittelt worden waren. Knapp 8000 Bürger antworteten schriftlich oder online auf viele seit 2015 gestellte Standardfragen, zudem äußerten sie sich zum aktuell gewählten Schwerpunkt-Thema „Lebenswerte Stadt“.
Die Grundeinstellung
Das Gros der Bürger lebt gerne in der Landeshauptstadt. Nur drei Prozent der Befragten würden lieber im Umland wohnen, nur acht Prozent lieber in einer anderen deutschen Region oder im Ausland. Für Oberbürgermeister Stephan Keller ist das ein gutes Signal. „Es freut mich, dass 88 Prozent der Befragten offenbar gerne hier leben. Das zeigt, dass ihnen Düsseldorf am Herzen liegt und sie gerne daran mitwirken, diese Stadt noch attraktiver zu machen.“
Die Plus-Punkte
Shoppen, kultureller Reichtum, Jobs mit guten Gehältern und eine umfassende gesundheitliche Versorgung stehen bei den positiv bewerteten Lebensbereichen ganz oben auf der Liste. 89 Prozent der Teilnehmer sind mit den Einkaufsmöglichkeiten zufrieden oder sehr zufrieden. 85 Prozent stellen den kulturellen Einrichtungen wie Konzerthäusern, Theatern, Museen und Büchereien ein solches Zeugnis aus. Wesentlich für die als hoch eingestufte Lebensqualität sind zudem die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in der boomenden Metropole und das Angebot an Ärzten und Kliniken. 79 beziehungsweise 76 Prozent sind damit zufrieden oder sehr zufrieden. „Ob und wie sich diese Werte durch die Corona-Pandemie verändern werden, ist noch nicht absehbar. Aufschluss darüber wird die nächste Bürgerbefragung bieten“, sagt ein Stadtsprecher.
Minus-Punkt Wohnen
Die Themen Wohnen und Verkehr belasten viele Menschen in der Landeshauptstadt. Hier ist die Unzufriedenheit seit 2015 sogar weiter gestiegen. 60 Prozent der Befragten sind unzufrieden oder sehr unzufrieden mit dem Wohnungsangebot. Und 55 Prozent (2017: 50 Prozent) halten das Wohnungsangebot insgesamt für unzureichend.
Als größtes Problem in diesem Bereich identifizieren die Teilnehmer der Studie die Mieten. 73 Prozent (2017: 70 Prozent) finden die Kosten für eine Wohnung zu hoch. Dass der Anteil öffentlich geförderter und preisgedämpfter Wohnflächen durch das Handlungskonzept Wohnen langsam wieder steigt, ist bei den Bürgern offenbar noch nicht angekommen. Tatsächlich wird eine Entlastung durch das Konzept erst mit Verzögerung spürbar sein.
Die Stadt sieht aber Licht am Horizont: Im Förderjahr 2018 sei der Saldo von geförderten Mietwohnungen und Wohnungen, deren Mietpreisbindung abgelaufen sei, erstmals positiv gewesen. So habe es in diesem Segment 380 Abgänge bei 580 Neuzugängen gegeben. Aus Sicht derer, die verzweifelt nach einer passenden Wohnung suchen, sind diese Zahlen aber wohl eher ein Tropfen auf den heißen Stein.
Minus-Punkt Verkehr
Deutlich gestiegen ist die Unzufriedenheit beim Thema Straßenverkehr. 55 Prozent der Befragten empfinden ihn als störend. 2017 waren es noch 45 Prozent. Vor allem im öffentlichen Nahverkehr wünschen sich die Bürger Verbesserungen. 56 Prozent würden sich über geringere Fahrkosten freuen, 39 Prozent erwarten, dass Busse und Bahnen künftig pünktlicher kommen. Etwas mehr als 40 Prozent wünschen sich mehr und vor allem auch sicherere Radwege.
Was die Bürger empfehlen
Die Frauen und Männer wurden auch gefragt, wo sie mehr und wo sie weniger ausgeben würden. Spitzenreiter bei den genannten Einsparmöglichkeiten ist mit 41 Prozent das Stadtmarketing. Deutlich mehr Geld würden die Befragten dagegen für den Wohnungsbau (75 Prozent), die Kitas und die Schulen (73 beziehungsweise 72 Prozent), den Ausbau des Radwegenetzes (71 Prozent) und die Pflegeheime (65 Prozent) ausgeben.
Diese Zahlen spiegeln die noch offenen Baustellen in der Stadtentwicklung. Denn trotz intensiv voran getriebener Ausbauprogramme fehlen in Düsseldorf bis zu 2000 Betreuungsplätze in den Kitas und Grundschulen. „Wir können eine Lösung des Problems nicht noch zehn Jahre vor uns herschieben“, sagt Michail Knauel, Sprecher der Düsseldorfer Kita-Eltern. Nicht weniger drängend ist die Lage für Pflegebedürftige. Rund 1000 stationäre Plätze fehlen. Einige Senioren müssen Düsseldorf verlassen, um versorgt zu sein. Ginge es nach den Befragten, sollte diese Situation baldmöglichst der Vergangenheit angehören.