Wenn falsche Polizisten anrufen
Hauptkommissar Lutz Türk informiert Senioren über die Tricks der Telefonbetrüger. Eine neue Masche ist besonders fies.
Sie sind dreist und wollen die Gutgläubigkeit alter Menschen ausnutzen. Trickbetrüger, die gezielt Senioren anrufen. Renate Fiedler hat es schon erlebt. Am Telefon meldet sich eine Frauenstimme bei der 80-Jährigen, stellt sich als ihre Nichte vor. Sie sei jetzt in Düsseldorf und brauche 5000 Euro. Die Seniorin wird misstrauisch, legt auf und ruft die Nummer ihrer Nichte an. Die weiß von nichts und befindet sich auch nicht in der Landeshauptstadt. „Wenn die so überzeugend sind, muss man sich darauf einstellen“, sagt Fiedler.
Den sogenannten Enkeltrick kennen viele. Die Methode ist aber auf dem Rückzug, erklärt Kriminalhauptkommissar und Seniorenberater Lutz Türk bei einem Informationsnachmittag in der Senioreneinrichtung Zentrum plus des Deutschen Roten Kreuzes in Derendorf. Auf dem Vormarsch sei seit drei bis vier Jahren eine Masche, bei der sich Betrüger am Telefon als Polizisten ausgeben. Sie behaupten, dass die Betroffenen auf der Liste einer Einbrecherbande aufgetaucht sind. Zur Sicherheit werde ihr Geld von einem Beamten abgeholt — was die echte Polizei nie machen würde, erklärt Türk.
Im Jahr 2017 wurden der Polizei in Düsseldorf 649 solcher Fälle gemeldet. Dabei ist ein Schaden von 586 791 Euro entstanden. Obwohl nur 33 Senioren auf die Masche hereinfielen. In einem einzigen Fall konnten die Täter 350 000 Euro erbeuten. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 waren es noch 72 Fälle und rund 220 000 Euro Schaden. Ein Jahr zuvor waren es noch 57 Anrufe und 65 957 Euro Sachschaden. Die Anrufe kommen aus Callcentern in der Türkei, erklärt Hauptkommissar Lutz Türk. Die Angerufenen sehen die Notrufnummer 110 im Display aufblinken - mit der Düsseldorfer Vorwahl oder ohne. Um deutlich zu machen, wie die Betrüger vorgehen, spricht Türk im Zentrum plus ein Telefonat nach, das von der Polizei aufgenommen wurde.
Ein Mann stellt sich als Polizeibeamter aus Düsseldorf vor und fordert eine Dame auf, sofort alle Türen und Fenster zu schließen. Es drohe Gefahr. Bei einer Durchsuchung sei die Liste einer Einbrecherbande gefunden worden. Darauf stünde Name und Anschrift der Seniorin. „Und außerdem ein Vermerk, der uns vermuten lässt, dass heute oder morgen bei Ihnen eingebrochen werden soll“, zitiert Türk den Telefonbetrüger. Auch das Geld bei der Bank sei nicht mehr sicher. „Wir haben nämlich ermittelt, dass die Mitarbeiter ihrer Hausbank mit den Gaunern zusammenarbeiten.“
Der Vorschlag der wahren Gauner: Das Geld von der Bank abholen, in eine Plastiktüte packen und sie hinter einer blauen Tonne im Vorgarten deponieren. Die Polizei würde sie dann abholen und auf der Dienststelle verwahren. Angelika Fiedler und die anderen Seniorinnen sind geschockt von der Dreistigkeit der Abzocker. „Da hätte man schon stutzig werden müssen“, sagt eine Dame. Das werden auch viele. Nur bei zehn Prozent der Fälle komme es zu einer Geldübergabe. „Aber die zehn Prozent haben es dann in der Regel auch in sich“, sagt Türk. Aber auch wenn ein Senior den ersten Anruf abblockt, könne ein regelrechter Telefonterror beginnen. Die Betrüger geben sich beispielsweise als Staatsanwälte oder Richter aus und werfen den Senioren vor, die Ermittlungen zu behindern. Um glaubwürdig zu erscheinen, nehmen sie etwa Bezug auf aktuelle Einbruchsserien. Außerdem rufen die Betrüger unter Vorwänden auch bei der Polizei an, um herauszufinden welcher Beamte für welchen Bezirk zuständig ist, erklärt Türk.
Und sie inszenieren Notrufe, um Streifen der Polizei in bestimmte Wohngebiete zu schicken. Entweder um den Senioren sagen zu können, dass gerade Beamte auf dem Weg sind oder den Abholern des Geldes den Rücken freizuhalten. Lutz Türks wichtigster Tipp: „Geben Sie an der Haustür niemals Geld in fremde Hände.“