Immer höhere Schulden Finanzielle Situation in Düsseldorf so angespannt wie lange nicht mehr
Düsseldorf · Immer mehr Schulden, immer mehr Risiken: Die finanzielle Situation der Stadt ist so angespannt wie lange nicht. Das schwarz-grüne Bündnis steht unter Druck. Die FDP stellt eine jüngst getätigte Großinvestition in Frage.
Düsseldorf steckt immer tiefer in den Miesen. Neben der ohnehin geplanten Neuverschuldung belasten auch die explodierenden Bau- und Energiepreise die Stadtkasse. Die wichtigsten Antworten:
Wie hoch sind die Schulden?
Früher rühmte sich Düsseldorf mit seiner wirtschaftlichen Schuldenfreiheit, im Februar 2021 hat der Rat unter dem Druck der Corona-Pandemie den Weg dafür freigemacht, dass die Stadt wieder Kredite bei Banken aufnehmen darf. Das wird rege genutzt: Wie die Kämmerei auf Anfrage mitteilt, belaufen sich die Investitionskredite inzwischen auf 220 Millionen Euro. Bis zum Jahresende soll sich die Summe auf 412,5 Millionen Euro noch mal fast verdoppeln. Darüber hinaus leiht sich die Kämmerei inzwischen kurzfristig Geld, um zwischen den Hebeterminen für die Gewerbesteuer flüssig zu bleiben.
Das zweite Problem: Düsseldorf hat derzeit erheblich höhere Ausgaben als Einnahmen. Für das laufende Jahr wurde mit einem hohen Defizit von 132,6 Millionen Euro geplant, dazu kommt ein Minus von 107 Millionen Euro wegen der Pandemie, das im Haushalt getrennt ausgewiesen werden darf. Eine Rückkehr zu einem sogenannten strukturell ausgeglichenen Haushalt ist nicht in Sicht.
Wie sind die weiteren Aussichten?
Die nächsten Jahre werden schwierig. Es zeichnen sich unter anderem als Folge des Ukraine-Kriegs weitere besondere Probleme ab. Die explodierenden Baukosten machen sich genauso bemerkbar wie die steigenden Energiekosten. Dazu kommen die zuletzt alarmierenden Signale aus der hiesigen Wirtschaft. Viele Düsseldorfer Unternehmen hatten zuletzt bei einer IHK-Umfrage angegeben, dass sie mit einer Verschlechterung ihrer Situation rechnen.
Nach dem derzeitigen Stand der Planungen wird im Jahr 2024 die wichtige Ausgleichsrücklage vollständig verzehrt sein, es schwinden also die letzten finanziellen Rücklagen. Dadurch funktioniert auch die Querverrechnung der Stadttöchter in der städtischen Holding nicht mehr, was im Haushalt zu spüren sein wird. „Die Zukunft birgt erhebliche Risiken“, sagt Stadtkämmerin Dorothée Schneider.
Was zahlt die Stadt für das geliehene Geld?
Düsseldorf profitiert von seinem guten Rating und den niedrigen Zinsen: Für vier hohe Kredite, die im Dezember für Bauvorhaben abgeschlossen wurden, werden Zinsen von 0,43 bis 0,75 Prozent fällig. Allerdings muss die Stadt die Darlehen natürlich über Jahrzehnte abstottern. Allein für die Tilgung eines 40-Millionen-Schuldscheindarlehens werden in den nächsten 40 Jahren pro Quartal 250 000 Euro an Tilgung fällig. Dazu kommen die Zinsen.
Wie merken das die Bürger?
Eine große Sparrunde gab es bislang noch nicht. In der Corona-Krise hatte das schwarz-grüne Bündnis die Losung ausgegeben, dass man die Wirtschaft nicht auch noch durch ein hartes Sparprogramm der Kommune belasten wolle. Kämmerin Schneider hat jüngst die Dezernate angeschrieben und um Sparvorschläge für den Etat 2023 gebeten. Das gilt allerdings bislang noch als nicht mehr als das übliche Prozedere. Im Raum steht auch die Frage, ob größere Bauprojekte aufgeschoben werden könnten.
Was tut die Politik?
CDU-Fraktionsvize Andreas Hartnigk verweist auf die „Sondersituation“ durch die Pandemie. Er sieht etwa im wieder anziehenden Messegeschäft erste positive Signale, darüber hinaus habe Düsseldorf seine Stärke bei der Gewerbesteuer nicht verloren. Man behalte die Finanzen im Blick. „Wir müssen trotz der schwierigen Lage weiter in die Infrastruktur investieren“, sagt Hartnigk. Das gelte etwa für den Unterhalt von Straßen und Radwegen.
Ähnlich äußert sich Grünen-Fraktionschef Norbert Czerwinski. „Unser Ziel bleibt es, sorgsam mit dem Geld umzugehen und bis 2025 zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren.“ Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen sei eine belastbare Planung allerdings derzeit schwierig. „Wir müssen alle Projekte kritisch anschauen.“
Die FDP wirft der Ratsmehrheit derweil Untätigkeit vor. Fraktionschef Manfred Neuenhaus verweist auf ein kürzlich beschlossenes 52-Millionen-Euro-Programm für öffentliche Toiletten. „Düsseldorf kann sich so etwas nicht mehr leisten und tut es trotzdem“, kritisiert Neuenhaus.