Düsseldorf Wie sicher feiert es sich in der Altstadt?

Ein Messerangriff auf einen 24-Jährigen entfacht erneut eine Sicherheitsdebatte. Die WZ hat sich bei Feiernden auf der Bolkerstraße umgehört.

Dennis (26), Gerrit (28) und Pascal (24) ist in der Bolkerstraße schon länger nicht mehr zum Feiern zumute. Sie gehen nun lieber auf die Ratinger Straße weg.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Am Samstagabend zwischen elf und zwölf Uhr herrscht eine ausgelassene Stimmung auf der Bolkerstraße. Zwischen den weihnachtlich geschmückten Kneipen drängeln sich gut gelaunte und angetrunkene Menschen grob, aber friedlich. Aus den weniger gut besuchten Seitengassen drängt zwar vereinzeltes Grölen, doch allgemein ist die Stimmung wenig aggressiv, aber für Altstadtverhältnisse ist es auch noch früh.

Die 21-jährige Selma lässt sich hingegen von der Aufregung nicht den Spaß am Feiern nehmen: „Man bekommt es zwar mit, aber solange einem selbst nichts passiert, denkt man nicht daran.“

Foto: Judith Michaelis

Zuletzt kam es immer wieder zu Gewalttaten in der Altstadt — und die Politik diskutiert. Im August gab es eine größere Schlägerei auf der Berger Straße, bei der drei Männer niedergestochen wurden. Im September wurde außerdem einem jungen Mann auf dem Burgplatz in den Rücken gestochen. Im Oktober stach bei einer Schlägerei am Burgplatz ein 27-Jähriger auf einen 17-Jährigen ein. Und Anfang Dezember wurde ein 24-Jähriger nach einem Streit in der Altstadt niedergestochen.

Doch auch wenn es scheint, als hätte es in der vergangenen Zeit besonders viele solcher Fälle gegeben, kann die Polizei keine besondere Häufung feststellen. Diese Art von Angriffen habe es immer gegeben, sagte ein Polizeisprecher zuletzt. Besonders sei, dass es nun mehrere Fälle mit schweren Folgen gegeben hätte. Oberbürgermeister Thomas Geisel erwägt daher ein Waffenverbot in der Altstadt und ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot an Altstadtkiosken: „Ich stehe prinzipiell allem offen gegenüber, was das Sicherheitsgefühl in der Altstadt erhöhen kann.“ Die genaue Umsetzung soll auf dem heutigen Sicherheitsgipfel besprochen werden.

Doch wie ist die Stimmung bei den Leuten vor Ort? Was halten sie von der Sicherheitsdebatte und fühlen sie sich in der Altstadt wohl? Dennis (26), Gerrit (28) und Pascal (24) ist in der Bolkerstraße schon länger nicht mehr zum Feiern zumute. Sie haben daraus die Konsequenz gezogen und gehen nun lieber in der Ratinger Straße feiern. „Gerade ab 1 Uhr zieht uns nichts mehr hierher. Ich habe sowieso das Gefühl, dass Düsseldorfer sich andere Orte zum Feiern suchen, und hier nur noch Sauftouristen herkommen und Stress suchen“, erzählt Dennis, dem auch schon selbst Gewalt angedroht wurde: „Ich wurde hier einmal bedroht, wollte eigentlich wieder gehen und habe dann gemerkt, dass der Typ ein Glas aus seiner Tasche holt.“ Die Aggressivität kommt ihnen zufolge daher, dass Betrunkene, die in keinen Club mehr kommen, aggressiv werden — und sich mit Touristen anlegen, die auf ihrem Kurztrip, auf dem sie kaum Konsequenzen zu befürchten haben, die „Sau raus lassen wollen“.

Die 21-jährige Selma lässt sich hingegen von der Aufregung nicht den Spaß am Feiern nehmen: „Man bekommt es zwar mit, aber solange es einem selbst nicht passiert, denkt man nicht daran — ich hoffe natürlich auch, dass es auch so bleibt.“

Sie findet es trotzdem gut, dass diese Debatte um Gewalt medial und politisch geführt wird. Und hofft, dass sie zu mehr Zivilcourage führen wird: „Eigentlich müsste ja klar sein, dass man sich dazwischen stellt, wenn jemand bedroht wird. Aber vielleicht merken Leute jetzt noch mehr, wie wichtig es ist, in solchen Situationen helfend einzugreifen.“ Auch den Vorstoß, Waffen aus der Altstadt zu verbannen, findet sie gut; auch wenn sie selbst keine Angst hat, regelmäßig bis in den Morgen hinein in der Altstadt zu feiern.

Für manche braucht es hingegen gar keine Gewalt, um von der „längsten Theke der Welt“ genug zu haben, wie die 24-jährige Merle erzählt: „Ich fühle mich in der Altstadt manchmal unsicher, aber nicht unbedingt wegen der Gewalt.“ Das viel größere Problem sei für sie, dass viele Männer denken, sie könnten machen, was sie wollen. „Die fassen einen oder machen einen blöd an. Das verdirbt mir die Laune am Feiern“.