Mettmann Roselies Evang geht unter die Autoren

Mettmann. · Roselies Evang ist nach 40 Jahren in den Ruhestand gegangen und hatte sich ein Jahr Stille verordnet. Jetzt meldet sie sich mit einem Buch über die Geschichte ihrer bergischen Familie zurück.

Roselies Evang, ehemalige Kantorin der evangelischen Kirchengemeinde, nutzt die Zeit für sich.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Seit nunmehr einem Jahr ist Roselies Evang nicht mehr die Kantorin der evangelischen Kirche in der Freiheitstraße, sondern im Ruhestand. Ein bisschen früher hat sie den aktiven Dienst verlassen, hat aber immerhin 40 lange Jahre die vielfältigen und teils strapaziösen Aufgaben einer Kantorin erfüllt, wenn es auch manchmal an die Substanz ging.

Das hat sie zum Schluss doch gemerkt und verordnete sich selbst ein Jahr der Stille, der Zurückgezogenheit, das ihr sichtlich gut getan hat. Orgel spielen war für Roselies Evang schon als Elfjährige das große Ziel und sie nahm Unterricht bei ihrem Onkel, der in Remscheid die Stelle eines Kantors bekleidete. Mit erst 17 Jahren legte sie schon die sogenannte C–Prüfung an der Rheinischen Musikschule ab (eine von vier Qualifikationen für Organisten, wobei die B-Prüfung dem Bacchelor und die A-Prüfung dem Master entspricht).

Ein Jahr später, nach dem Abitur, bekam sie bereits eine C-Stelle in Ruppichteroht im Rhein-Sieg-Kreis und konnte hier ihre ersten Erfahrungen in der Chorarbeit sammeln. Doch die engagierte junge Musikerin steuerte zielstrebig die weitere Ausbildung an und absolvierte 1979 mit 23 Jahren die A-Prüfung an der Musikhochschule Köln.

Just zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Leitung der Evangelischen Kirche in Mettmann entschlossen, die Stelle des Kantors als A-Stelle auszuschreiben und Roselies Evang konnte bei der Vorstellung überzeugen und ihre Karriere in Mettmann starten. Tja, und dann 40 Jahre später der Abschied.

Abschied von lieb gewonnenen Menschen, Sängern und Sängerinnen, von ihren Chormädchen und von ihrem Instrument. Und doch kam dieser Abschied zur rechten Zeit und wie sie sagte, war es die beste Entscheidung, die sie hat treffen können.

Große Erleichterung bedeutete für sie die überaus gute Besetzung der Kantorenstelle, wiederum als A–Stelle. Tritt doch mit Adrian Büttemeier ein gut ausgebildeter, hoch motivierter Musiker in ihre Fußstapfen. Hier weiß sie ihr Erbe in den besten Händen.

Die ehemalige Kantorin
schrieb eine Familiensaga

In dem nun vergangenen Jahr der inneren Klausur hat sich Roselies Evang einen Traum verwirklichen können, den sie schon lange geträumt hat: Sie hat ein Buch geschrieben, eine Familiensaga, die Geschichte ihrer Vorfahren.

Ihre Eltern stammen beide aus dem Bergischen Land und die Stadt Remscheid ist Dreh- und Angelpunkt in ihrer Vita. Sie wuchs in einem protestantisch geprägten Elternhaus auf. Beide Großväter gehörten der Bekennenden Kirche im Rheinland an und zählten damit zum Widerstand im Dritten Reich. Es erinnern noch heute zwei Straßennamen in Remscheid an Karl Evang und Gustav Theill.

Schon früh und gerne hatte Roselies Evang geschrieben, kleine Gedichte formuliert, Weihnachtsgeschichten verfasst. Ihr Deutschlehrer hatte sie dazu ermutigt und diese jungen Erfahrungen kamen ihr jetzt zugute: Sie hat sich einfach hingesetzt und losgelegt.

Die Recherche und viele Gespräche mit den noch lebenden Verwandten waren schon immer Teil ihres Interesses gewesen und ein Buch von Jan Konst, der Wintergarten, hat ihr geholfen, das richtige Format zu finden. Weiterhin zählte ihr Sohn Gabriel, von Beruf Journalist, zu ihren Ratgebern.

Und dann kam auch ihr die Corona-Pandemie ein bisschen in die Quere. Doch die Suche nach einem, der das Buch drucken würde, konnte im Städtchen beantwortet werden: die Druckerei Waßer übernahm den Auftrag und das Buch, immerhin 225 Seiten stark, liegt nun vor: „Erntedankfest“ lautet der Titel.

Warum Erntedankfest? Das beantwortete Roselies Evang freimütig: „Meine Eltern haben sich am 4. Oktober 1942, dem Tag des Erntedankfestes, auf dem Hof der Evangs kennengelernt. In den Zeiten zunehmend schwieriger werdender Versorgung war ein Bauernhof, der entfernten Verwandten gehörte, ein willkommener Grund, Besuche zu machen. Und da kam die Einladung, dass die Familien Evang und Theill gemeinsam das Erntedankfest auf dem Hof begehen könnten, gerade recht.“

Für die protestantischen Elternhäuser war das Erntedankfest ohnehin ein wichtiges Datum im Jahreskalender und genau am 4. Oktober, aber im Jahr 2020, gab es wieder ein Familientreffen, dieses Mal der Enkelgeneration – zum Erntedankfest.