Einsamkeit „Handeln statt Reden beim Thema Einsamkeit“

DÜSSELDORF · SPD-Opposition im NRW-Landtag will, dass die schwarz-grüne Regierung aktiv wird.

Einsamkeit betrifft immer mehr Menschen aller Altersgruppen in NRW, wird aber von der Landesregierung aus Sicht der SPD kaum in den Blick genommen.

Foto: dpa/Armin Weigel

„Das Gremium ist die erste und bisher einzige Enquetekommission in Deutschland, die sich mit den Auswirkungen und Folgen von chronischer Einsamkeit und sozialer Isolation auseinandergesetzt hat.“ Stolz klang an in der Mitteilung des NRW-Landtags im März vergangenen Jahres. Stolz auf eine Vorreiterrolle bei diesem ernsten Thema, über das Experten sagen: „Einsamkeit wirkt sich so schädlich aus wie der Konsum von fünfzehn Zigaretten am Tag, wie Alkoholmissbrauch und ist doppelt so schädlich wie starkes Übergewicht.“ 

Die Kommission aus Landtagsabgeordneten und Sachverständigen hatte denn auch 65 Handlungsempfehlungen entwickelt, adressiert insbesondere an die Landesregierung. Doch seither sei kaum etwas geschehen, beklagt Lisa Kapteinat. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin im Landtag spricht über die zahlreichen Notrufe einsamer Menschen über die Feiertage, gerichtet an soziale Hilfsdienste. Spätestens seit Corona wisse man, dass längst nicht nur Ältere betroffen sind, sondern eben auch junge Menschen. Und Alleinerziehende oder Pflegende, die kaum Spielraum hätten, eigenen sozialen Bedürfnissen nachzukommen.

Kapteinat als Vertreterin der Opposition im NRW-Landtag kritisiert, dass bislang erst eine der 65 Handlungsempfehlungen umgesetzt worden sei. Nämlich die Einrichtung einer Stabsstelle zu dem Thema in der Staatskanzlei. Das findet sie viel zu wenig und kritisiert NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), dass „warme Worte nicht ausreichen“. Wenn dieser etwa, wie vor Weihnachten geschehen, sage: „Stellen Sie den Nachbarn mal ein paar Kekse vor die Tür.“ Die Regierung müsse tätig werden, Geld in die Hand nehmen und Strukturen aufbauen, um das Problem anzupacken. Kapteinat verweist auf die Vorschläge der Enquetekommission wie die Anregung, Grundlagenforschung sowie anwendungsorientierte und interdisziplinäre Forschung voranzutreiben. Der Blick der Wissenschaft und der Präventions- und Interventionsprogramme solle sich von älteren Menschen auf weitere vulnerable Gruppen wie Alleinerziehende, Menschen mit direktem Migrationshintergrund und auf jüngere Menschen in Umbruchsituationen  richten. Das Lehr-, Erziehungs- und Betreuungs- und medizinische Personal solle für die Themen sensibilisiert und im Umgang mit Einsamkeit und sozialer Isolation geschult werden.

Große Anfrage soll „Dynamik in das Thema bringen“

Das brauche finanzielle Mittel, markige Worte reichten nicht, fordert Kapteinat. Aus den nun abgeschlossenen Haushaltsberatungen ließen sich jedoch keine nennenswerten Projekte erkennen. Mit einer „großen Anfrage“ an die schwarz-grüne Landesregierung will die SPD jetzt „Dynamik in dieses wichtige Thema bringen“. Da geht es etwa um Fragen wie diese: Welche Pläne hat die Landesregierung, einsamkeitsmildernde oder -präventive Projekte von Vereinen, Nachbarschaftsinitiativen und Sportvereinen zu unterstützen oder eigene Projekte zu entwickeln? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Anstieg von Einsamkeit und sozialer Isolation bei Frauen im höheren Alter? Was unternimmt die Landesregierung dagegen? Wie beurteilt die Landesregierung die Einschätzung, dass Alleinerziehende von den Folgen der Corona-Pandemie und der sozialen Engpässe aufgrund der aktuellen Inflation besonders stark betroffen sind? Inwiefern plant die Landesregierung diese Gruppe gezielt zu unterstützen? Für die Beantwortung von mehr als 120 Fragen hat die Landesregierung nun drei Monate Zeit.