Ukraine-Krise Erste Flüchtlinge erreichen den Kreis Viersen

Kreis Viersen · Über private Kontakte sind bereits einzelne Menschen angekommen. Die Verteilung über das Land beginnt erst noch. Kommunen bereiten sich vor

Das Flüchtlingsdorf an der Moltkestraße in Willich soll nun doch noch nicht zurückgebaut werden.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Auch im Kreis Viersen bereitet man sich auf die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine vor. Der Kreisverwaltung selbst kommt dabei aber zunächst keine zentrale Aufgabe zu. „Derzeit liegt das Thema bei den kreisangehörigen Kommunen“, so eine Sprecherin des Kreises. Über mögliche koordinierte Maßnahmen werde man gegebenenfalls informieren.

Voraussichtlich werden Geflüchtete in Deutschland nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Das Land NRW verteilt die Menschen dann wiederum auf die Kommunen. Dieser Schritt habe aber noch nicht begonnen, bestätigt Tönisvorsts Bürgermeister Uwe Leuchtenberg, sagt aber: „Wir sind vorbereitet.“ Bereits in der vergangenen Woche habe man überlegt, was alles benötigt werden könnte. Wohnraum stehe dabei ganz oben auf der Liste. „Es gibt erste private Angebote in Tönisvorst, die werden wir auch gerne annehmen, besonders für Familien oder Frauen mit Kindern“, so Leuchtenberg. Ad hoc könne man bei Bedarf innerhalb weniger Stunden rund 50 Menschen aufnehmen.

Wichtig sei, dass Menschen die Wohnraum anbieten, die Stadt kontaktieren, damit diese die Angebote koordinieren könne. „Am besten schreibt man direkt an meine Email-Adresse: Uwe.Leuchtenberg@toenisvorst.de“, so der Bürgermeister. „Es ist nicht zielführend, wenn jeder selbst an die Grenze fährt und die Hilfen hier vor Ort nicht koordiniert werden können.“

Von einer geflüchteten Familie wisse er bereits, dass sie in Tönisvorst angekommen sein, allerdings über private Kontakte. Wie viele noch folgen könnten, sei aktuell kaum absehbar, so Leuchtenberg. „Viele bleiben derzeit noch in Grenznähe zur Ukraine, warten ab, leben in der Hoffnung, dass der Konflikt in wenigen Tagen beendet werden könnte.“

Auch in Kempen hat man noch keine Ahnung, auf welche Flüchtlingszahlen man sich möglicherweise einstellen muss. „Es ist einfach noch nicht abschätzbar“, sagt Stadtsprecherin Johanna Muschalik-Jaskolka. Derzeit gebe es in der Stadt 34 freie Plätze für Geflüchtete, 250 seien belegt.

Auch der Gemeinde Grefrath sind natürlich noch keine Geflüchteten aus der Ukraine zugewiesen worden. Unabhängig davon leben zurzeit 111 Menschen in Grefrather Unterkünften, so Gemeindesprecherin Ulrike Gerards. Damit seien die regulären Kapazitäten eigentlich erschöpft.

„Wir möchten aber vorbereitet sein. Daher führen wir bereits seit Montag Gespräche mit Vermietern von Objekten, die auch schon 2015 zur Verfügung gestanden haben. So haben wir nun Ausweichmöglichkeiten generieren können, um Menschen, die aus dem Kriegsgebiet fliehen mussten, eine Unterkunft anbieten zu können“, sagt Bürgermeister Stefan Schumeckers.

Am Donnerstag Aktion für
den Frieden in Grefrath

Zudem unterstütze die Gemeinde die Hilfsaktion des Vereins M.u.M, der noch bis Donnerstag, 18 Uhr, Spenden sammelt, vor allem Hygieneartikel, Verbandsmaterial und warme Jacken und Schlafsäcke, die dann nach Polen gebracht werden sollen, um dort Geflüchteten zu helfen. Für Donnerstag, 18 Uhr, ruft die Gemeinde Grefrath außerdem gemeinsam mit der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinde zu einer Aktion unter dem Motto „Grefrath steht auf für den Frieden“ auf dem Marktplatz in Grefrath auf.

In Willich hat Bürgermeister Christian Pakusch den eigentlich angelaufenen Rückbau des „Moltekdorfes“, der Flüchtlingsunterkunft an der Moltkestraße in Willich, vorerst gestoppt: „Wir haben derzeit noch überhaupt keinen Überblick, wie viele Menschen wir gegebenenfalls unterbringen werden – aber wir wollen gewappnet sein“, so Pakusch. „Es wäre fatal, dort jetzt die Kapazitäten abzubauen und dann geflohenen Menschen, die zu uns kommen, nicht kurzfristig eine einigermaßen adäquate Unterbringung anbieten zu können.“

Beeindruckt sei er von der Hilfsbereitschaft der Willicher: „Die Stadt, aber auch mich persönlich haben auf unterschiedlichsten Wegen viele Hilfsangebote unterschiedlichster Art erreicht – das freut mich wirklich sehr.“ Aktuell sei man dabei, sich auch in Absprache mit verschiedenen, erfahrenen Hilfsorganisationen über eine möglichst effiziente Abwicklung und Koordinierung schneller Hilfe zu verständigen.

Ordnungsdezernentin Brigitte Schwerdtfeger erwartet zunächst keine immensen Zahlen an Flüchtlingen, die vom Land der Stadt Willich zugewiesen werden. Mit Schulen und Kitas sei man zunächst noch nicht im Gespräch, da man den Bedarf noch nicht absehen könne. „Wir wissen ja auch nicht, ob die Menschen kommen, um zu bleiben“, so Schwerdtfeger.

Derzeit seien auch in Willich bereits einige Menschen aus der Ukraine über private Kontakte angekommen und bei Freunden oder Verwandten untergebracht. Wer aber Anspruch auf Leistungen, Bildung und Betreuung haben möchte, der sollte sich unbedingt trotzdem bei den Behörden melden. Und die Dezernentin rät davon ab, privat Menschen aus der Ukraine hierher zu holen, ohne ihnen auch eine Unterkunft bieten zu können. Da sei die Verteilung über das Land der bessere Weg.