Fachkräftemangel im Öffentlichen Nahverkehr So will die Rheinbahn Busfahrer finden – und binden
Düsseldorf · Noch kommt es durch den Fahrermangel nicht zu Fahrplaneinschränkungen. Das ist nur durch Mehrarbeit der Mitarbeitenden möglich.
Beinahe jede Branche ist vom Fachkräftemangel betroffen. Dieser könnte nun auch die notwendige Verkehrswende bedrohen – konkret: das Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Das zumindest befürchten in einer gemeinsamen Erklärung der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo). Demnach fehlen schon heute bundesweit 20 000 Busfahrerinnen und -fahrer, bis 2030 rechnen die Verbände mit 50 000 bis 60 000, die auch aufgrund des Renteneintritts fehlen werden. Bundesweit sei mehr als die Hälfte des Fahrpersonals älter als 50.
Auch an der Rheinbahn geht der Fachkräftemangel nicht spurlos vorbei, wie das Unternehmen bestätigt. Auswirkungen auf die Fahrpläne habe das bisher aber noch nicht: „Trotz der immer noch knappen Personalressourcen im Bereich Bus kommt es bei der Rheinbahn bisher nicht zu Fahrplaneinschränkungen“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Dafür sei die Rheinbahn bisher jedoch auf die „Bereitschaft für Mehrleistung der Mitarbeitenden angewiesen“.
Mit umfangreichen Maßnahmen versucht das Verkehrsunternehmen, der Personalknappheit zu begegnen. Dazu gehören beispielsweise die Anwerbung über Social Media, worüber mittlerweile ein Großteil der Bewerbungen generiert werde, und ein niedrigschwelliges Bewerbungsverfahren, das mit einem möglichst geringen Aufwand verbunden sein soll.
Laut der Rheinbahn-Sprecherin sind diese Maßnahmen erfolgreich: Im vergangenen Jahr haben demnach 68 Prozent mehr neue Kollegen ihre Arbeit aufgenommen als 2022. Insgesamt sei der Personalbestand in der Zeit um vier Prozent gestiegen.
Um die Mitarbeiter dann auch im Unternehmen zu halten, bemühe sich die Rheinbahn außerdem um attraktive Arbeitsbedingungen. Dazu gehört den Angaben zufolge neben Gesundheits- und Sportprogrammen auch die Möglichkeit zur Teilzeit durch veränderte Schichtdienstmodelle im Fahrdienst. Ein wichtiger Punkt seien auch die angebotenen Sprachkurse für Mitarbeiter in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit und mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Die Verbände fordern von der Politik, besonders dem Bundesverkehrsministerium, verschiedene Maßnahmen, darunter eine Reform der Fahrerausbildung, die effizienter gestaltet werden müsse. „Daher sind wie beim Lkw auch beim Busführerschein die Pflichtstunden der Grundausbildung zu streichen“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Verbände. Die individuelle Bewerberkompetenz und die Beurteilung des Fahrlehrers sollten demnach darüber entscheiden, wie viele Fahrstunden benötigt werden. Auch die Rheinbahn hält eine „bedarfsgerechte und einzelfallbezogene“ Anzahl von Pflichtstunden für sinnvoll.
Das Unternehmen fordert zusätzlich grundlegendere Weichenstellungen der Politik, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu gehört laut Sprecherin auch der „Administrationsabbau bei der Beschäftigung von Menschen mit Fluchthintergrund“ und die vorgelagerte Förderung von Sprachfähigkeiten. Zusätzlich benötige es Unterstützung bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum, besonders in hochpreisigen Ballungsgebieten.
Ein weiterer Kritikpunkt, den Verbände und Rheinbahn anbringen, sind die hohen Kosten, die für das Erwerben eines Busführerscheins anfallen. Dieser koste zwischen 10 000 und 15 000 Euro, zuzüglich Lohnkosten. „Dies bedeutet für die Rheinbahn einen enormen Kostenblock“, erklärt die Sprecherin. Es würde demnach helfen, wenn vorbereitende Kurse beispielsweise über die Bundesagentur für Arbeit angeboten würden, „um Vorbereitungen auf die Ausbildung in Fahrschulen inklusive Fahrstunden zu haben und diese im Unternehmen zu reduzieren“.
Besonders in der Eingliederung geflüchteter Menschen sieht die Rheinbahn eine Möglichkeit, nicht nur dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die Integration unterstütze eine Vielfalt in der Belegschaft. Diese würde nicht nur Kreativität und Innovation fördern, sondern auch dafür sorgen, dass „sich ein breiteres Spektrum von Fahrgästen besser repräsentiert und verstanden fühlt“, so die Sprecherin.