Wie sich im KIT Hummeln an der Bienen-Bar betrinken Die Glühwürmchenfängerin
Düsseldorf · Die Künstlerin Melanie Loureiro malt Blüten, Insekten, Schnecken, Ameisen, Hummeln und Bienen. Im Kit sind ihre Werke jetzt in einer fantastischen Ausstellung zu sehen.
Als Mädchen in den Ferien in Portugal hatte Melanie Loureiro Spaß daran, Glühwürmchen zu fangen, die sie später wieder freiließ. Das macht sie schon lange nicht mehr, auch, weil es kaum noch Glühwürmchen gibt. Das Sterben dieser und vieler anderer Insekten ist ein ernstes Thema für den Menschen. So wie ein Förster die geheime Kommunikation der Bäume enthüllte und einen Weltbestseller dazu verfasste, ist diese Künstlerin der Kommunikation zwischen Blüten und Insekten auf der Spur.
Loureiros Begeisterung für alle summenden, brummenden, saugenden, flatternden, krabbelnden und kriechenden Tierchen ist nicht erst im Kunststudium erwacht. Aus ihrer Hinwendung voller Liebe, Hochachtung und Respekt allerdings speist sich heute das große motivische Repertoire der Malerin, die 2022 ihr Studium in der Klasse von Ellen Gallagher abschloss, und das sie jetzt in ihrer ersten großen Einzelausstellung im Kit (Kunst im Tunnel) buchstäblich ausmalt.
Den Tunnel hat sie mit Kuratorin Gertrud Peters in einen Lebensraum verwandelt, im Empfang wuchert und grünt es üppig. Der Weg in die Röhre ist illuminiert, Zeiten und Lichter spiegeln sich gelb, orange, violett auf grauem Beton. Von der „Verbundenheit der Kreaturen“ will sie berichten, nein schwärmen. Denn wer weiß schon so viel wie sie über das Zusammenwirken zwischen den Tierchen untereinander und dem Miteinander von Insekt und Blüte?
Manchmal mag die Künstlerin kleine Geschichten zum Bild erzählen: Dass die Pflanzen, wenn sie zu vertrocknen drohen, ganz leise knistern können. Ein elektronisches Gerät namens „Plantwave“ kann solche Schwingungen aufnehmen, die das menschliche Ohr nicht hört. Wenn jetzt bald mit dem erwachenden Frühling die Insekten wieder zahlreich die bunten Blütenkelche ansteuern und sich zwischen Staubblätter zwängen, dann wissen wir Menschen in etwa, wozu das dient, aber wir riechen und fühlen nichts dabei.
Die in Deutschland und Portugal aufgewachsene Künstlerin spürt dem Treiben nach und macht sich daran, viele dieser unerwarteten Geheimnisse zu illustrieren. Sie ist eine geduldig lauschende Beobachterin und fasziniert von den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Tieren. Als Feldforscherin im besten Sinn ist sie unterwegs, um zu beobachten und zu lauschen. In einem intensiven Prozess der Malerei mit Öl und Acryl, mit Skalpell, Klebeband und Minifräse auf Öl oder Holz übersetzt sie die Geheimnisse der Natur in farbgewaltige Malereien.
Bei allen Vor- und Randbemerkungen geht es grundsätzlich um Perfektion und Ästhetik. Wie die Schönheit einer weit geöffneten Mohnblüte etwa die Motte veranlasst, auf ihr Platz zu nehmen. Die männliche Motte ist auf der Suche nach dem Stoff, mit dem sie für die weibliche Motte attraktiv erscheinen will. In der Biologiestunde heißt solch ein Akt Bestäubung. Blätter und Blütenstaub hat Loureiro in ein Bild gefasst, das weder figurativ noch abstrakt ist. Eher ein Zwitter. Was die Natur uns winzig klein liefert, überhöht die Malerin durch einen Makroblick. Und durch eine raffinierte Zugabe von Dreidimensionalität.
Ameisen rackern sich an einer Walderdbeere ab, ihre hageren, krummen Gliedmaßen stemmen sich gegen die runde Frucht. Von den Ameisen wissen wir, dass sie zur Arbeiterklasse gehören, Schwarmintelligenz wird ihnen auch nachgesagt. Die Künstlerin sagt überdies: Ameisen züchten Pilze zur eigenen Versorgung.
Einen nachtleuchtenden Pilz hat sie an anderer Stelle mit Tautropfen in Szene gesetzt, giftgrün ist er. Oder den Kopf einer fressenden Schnecke mit Goldstaub übersprenkelt. Ein Apfel, auf dem Marienkäfer herumklettern, hat die Malerin sehr lange Zeit beschäftigt, und doch ist er violett geblieben. Sie arbeite imaginär, sagt sie, Ausgangspunkt ist dabei eine stringente Zeichnung. Auch spricht sie vom Fermentieren, wenn Bilder sechs Monate liegen. Nicht nur die Farben, sondern auch das Motiv unterliegen einem alchemistischen Prozess.
Dass alles so fein und licht und genau ausfällt, verdankt Melanie Loureiro einer besonderen Pinselhygiene – manche ihrer Pinsel seien schon 15 Jahre in Arbeit, ein Nuller-Modell sei der Modellierer, der feinste mit ganz langen Haaren. Perfekt für allerfeinste Linien, für die Einzelteile der Insekten, Raupen, Schmetterlinge und Blüten.