Georg Wilhelm Adamowitsch wünscht sich Dialog auf Augenhöhe Straßenname: Adamowitsch vermisst Bürgerdialog
Haan · Die Umbenennung der Emil-Nolde-Straße und des Agnes-Miegel-Wegs haben Gewicht, sagt Anwohner Georg Wilhelm Adamowitsch. Statt Ratsbeschluss mit folgendem Gesprächsangebot für die Bürger seitens der Stadt hätte es umgekehrt sein müssen.
(sad) Georg Wilhelm Adamowitsch hat einige kritische Anmerkungen zur geplanten Umbenennung zweier Straßen in Haan. Laut Ratsbeschluss vom 26. Januar sollen der Agnes-Miegel-Weg und die Emil-Nolde-Straße wegen der Verstrickungen der Namensgeber in das nationalsozialistische Unrechtssystem umbenannt werden. In der Emil-Nolde-Straße wohnen Adamowitsch und seine Frau seit mehr als 15 Jahren. „Ich hätte mir gewünscht, dass es vor der Ratsentscheidung zur Umbenennung ein Gespräch mit den anliegenden Bürgern gegeben hätte.“
Adamowitsch erzählt: „Wir haben jüngst Post von der Bürgermeisterin bekommen mit der Einladung zu einem Gespräch über die beschlossene Namensänderung und über mögliche Namensalternativen, allerdings erst dann, wenn dieses corona-bedingt möglich ist.“ Diese Form des Bürgerdialogs hält Adamowitsch für unzureichend. „Würde man kommunalpolitisch dieses spannende Thema aus einer Schattendiskussion herausheben, hätte der Weg einer Bürgerbeteiligung ein anderer sein müssen.“
Man hätte zuerst mit den Anwohnern sprechen müssen, betont Adamowitsch, „denn diese sind es ja, die vielfältig mit diesen Straßennamen leben müssen“. Und, könnte er? „Ja, mit Emil Nolde habe ich kein Problem, denn außer seiner Nähe zum nationalsozialistischem Mitläufertum sind mir keine politischen Verfehlungen bekannt, die eine Straßennamenumbenennung rechtfertigen würden.“
Adamowitschs Fragen und kritischen Anmerkungen zur aktuellen Diskussion in Haan lauten daher: „Wenn wir diese unbestritten notwendige Erörterung auf die Namen Miegel und Nolde verkürzen, erscheint mir das dem Thema nicht angemessen.“ Die Diskussion um Agnes Miegel sei in den vergangenen Jahren in zahlreichen Gemeinden in NRW ausführlich mit dem Ergebnis einer Namensänderung geführt worden. „In Haan sollte sich eine solche Diskussion auf die Frage beziehen, nach welchen geschichtlichen Kriterien Personen und Orte nach einem historischen Kontext benannt werden sollten.“
Adamowitsch hofft auf Berücksichtigung von Kriterien
Die Haaner Gymnasiasten, die sich rege an der Diskussion beteiligt hatten, auch in der betreffenden Ratssitzung anwesend waren, hätten dazu einen guten Vorschlag gemacht: einen Kriterienkatalog. „Ich hoffe, dass dieser Vorschlag nicht in der Registratur kommunalpolitischer Vergessenheit verschwindet“, sagt Adamowitsch.
Weiter führt er aus: Zu der aktuellen Diskussion mit einer wirklichen Bürgerbeteiligung gehörten seines Erachtens noch weitere Straßennamen, so beispielsweise die Blücher- und die Sedanstraße, „auch in dem Wissen, dass es ohne einen Heerführer Blücher keinen erfolgreichen Abschluss der Befreiungskriege und ohne den militärischen Sieg bei Sedan 1870 keine Reichsgründung gegeben hätte“. Er regt an, dieses Thema freundschaftlich mit Haans Patenstadt Eu zu diskutieren, „vielleicht in einem gemeinsamen Projekt der Schulen in unseren Städten“. Außerdem fragt er: „Warum diskutieren wir nicht den Sinn der Namensgebung Kaiserstraße. Wenn damit Kaiser Wilhelm II. gemeint ist, ist auch dabei die Erörterung seiner ohne Zweifel vorhandenen Mitschuld am Ersten Weltkrieg unverzichtbar.“
Georg Wilhelm Adamowitsch, ehemaliger Staatssekretär in der Landes- und Bundesregierung, ehemaliger Chef der Staatskanzlei NRW und ehemaliger Hauptge-schäftsführer des Industrieverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, ist geschichtlich und kunsthistorisch bestens bewandert. Er verweist auf ein jüngst erschienenes Buch über die Schriftsteller im Natoinalsozialismus, in dem es unter anderem auch um die Hitlerverehrung von Agnes Miegel geht, „von der diese auch in der Nachkriegszeit keinen Abstand genommen hat“. Zur notwendigen Namensänderung des Agnes-Miegel-Weges gäbe es daher keine Alternative, so Adamowitsch. Ob Emil Noldes Mitmachen an nationalszialistischen Denunziationen, obwohl er als Maler zugleich im Dritten Reich verfemt worden sei, Anlass genug böte für einer Namensänderung, bedürfe einer „den Tatsachen entsprechenden Würdigung“.Das Thema der geplanten Straßen-Umbenennung beschäftige ihn und seine Frau Ingrid, ebenfalls eine in Bezug auf Kunst und Kultur sehr kundige und historisch interessierte Frau, nicht täglich, sagt Adamowitsch. Auch in der Nachbarschaft sei das bisher kein großes Thema. „Weg von persönlicher Betroffenheit geht es mir mehr darum, wie hier eine politische Diskussion geführt wird. Nämlich in absolut abgespeckter Form und kaum mit Bürgerbeteiligung, was bei diesem Thema mehr als geboten gewesen wäre. Denn dieses Thema hat ja schon Gewicht.“