Mehr Schutz für Opfer von Sexualdelikten Anonyme Spurensicherung soll Kassenleistung werden

Düsseldorf · Gesundheitsminister Spahn will die Lage von Vergewaltigungsopfern verbessern. Die Initiative stammt aus NRW.

Wenn Opfer von Sexualstraftaten Beweise anonym sichern lassen wollen, soll das bald die Krankenkasse zahlen.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Beweissicherung bei Sexualstraftaten verbessern. Dazu soll die Anonyme Spurensicherung (ASS) bei Opfern künftig von den Krankenkassen bezahlt und so ein flächendeckendes Angebot sichergestellt werden. NRW-Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) hat sich bereits seit Mitte 2018 verstärkt für eine solche bundeseinheitliche Regelung eingesetzt – das Land finanziert hier bereits ein weit verzweigtes Netz aus ASS-Anbietern.

Spahn geht es darum, die Strafverfolgung konsequent voranzutreiben. „Häufig fehlen jedoch eindeutige Beweise, weil viele Opfer im ersten Moment nicht die Kraft haben, direkt zur Polizei zu gehen“, erklärt er auf Anfrage. Dann steht häufig Aussage gegen Aussage. „Wir helfen nun, damit frühzeitig eindeutige Beweise durch Ärzte anonym gesichert werden können, um mögliche Täter später auch zu überführen. Das dient dem Opferschutz“, so Spahn weiter. Abrechnungsfähig soll die Untersuchung auf Spermaspuren, aber auch etwa K.-o.-Tropfen, sein sowie deren Aufbewahrung – ohne dass die Kasse den Namen des Opfers erfährt.

Land finanziert ASS-Angebote in 31 von 53 Städten und Kreisen

Das Problem bisher: Wenn das Opfer Anzeige erstattet, zahlt die Polizei die Spurensicherung. Ohne Anzeige bleiben Ärzte auf den Kosten – einem wohl niedrigen dreistelligen Betrag – sitzen. Oder bieten die Untersuchung gar nicht erst an. In Nordrhein-Westfalen springt das Land bisher für die Finanzierung ein: Für 2020 sieht der Haushalt 400 000 Euro für die Förderung von ASS-Angeboten vor. Seit diese Landesmittel 2015 zum ersten Mal flossen, nehmen in NRW jährlich zwischen 100 und 140 Frauen und Mädchen die Anonyme Spurensicherung in Anspruch. In diesem Jahr haben 31 von 53 Kreisen und kreisfreien Städten im Land Förderanträge gestellt – eine Steigerung von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Ministerium gegenüber dieser Zeitung erklärt. Lediglich in Duisburg, Remscheid und dem Kreis Unna gebe es noch kein landesfinanziertes ASS-Angebot. Ina Scharrenbach geht jedoch davon aus, dass sich diese letzten weißen Flecken mit einer Kostenübernahme durch die Kassen schließen werden.

Die Landesministerin hatte schon 2018 einen Beschlussantrag für bundeseinheitliche Regelungen bei der ASS in die Gleichstellungsministerkonferenz (GFMK) eingebracht. Als es auf den GFMK-Antrag keine Reaktion gegeben habe, habe sie sich in Berlin persönlich eingesetzt, heißt es aus ihrem Hause. Bisher finanzieren neben NRW etwa das Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg die ASS. Scharrenbach geht aber auch für NRW davon aus, dass das Netz von Anbietern durch die Neuerung dichter wird.

Die ASS-Regelung wurde in den Bundestag über das Masernschutzgesetz eingebracht und soll  in einer der nächsten Plenarwochen abschließend beraten werden, heißt es aus Spahns Ministerium in Berlin.