Umweltministerium Hochwasser-Prognosen für NRW sollen verbessert werden

Düsseldorf · Die Jahrhundertflut hat eklatante Defizite bei Hochwasser-Prognosen offenbart. Auch die Meldeketten sind in NRW bislang uneinheitlich. Die Landesregierung hat sich einen umfangreichen Arbeitsplan vorgenommen.

 NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser legte einen Zehn-Punkte-Arbeitsplan für Hochwasserprognosen vor.

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser legte einen Zehn-Punkte-Arbeitsplan für Hochwasserprognosen vor.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Als Konsequenz aus der verheerenden Flutkatastrophe mit vielen Toten soll der Hochwasserschutz der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen verbessert werden. So sollen Behörden bei künftigen Starkregen-Ereignissen mit genaueren Prognosen verständlicher und frühzeitiger informieren können. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) legte dazu am Donnerstag einen Zehn-Punkte-Arbeitsplan vor. Hochwasservorhersage-Systeme sollen für so viele Gewässer in NRW wie möglich - vor allem auch für kleinere - eingeführt werden.

„Die Fokussierung auf die großen Gewässer wie den Rhein ist in Zeiten des Klimawandels nicht mehr richtig“, sagte Heinen-Esser. „Wir müssen uns auf die kleinen Flüsse und Bäche konzentrieren.“ Noch im April/Mai sollten Testbetriebe für Vorhersagesysteme an zwölf Flüssen starten. Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) arbeite an einer Präzisierung der Vorhersagemodelle, um Prognosen auch für kleinere Flüsse zu ermöglichen.

Außerdem sollen in NRW noch in diesem Jahr die Meldewege der Behörden für Informationen zu Hochwasser einheitlich durch eine Landesverordnung geregelt werden. Bisher existieren für einzelne Gewässer in NRW unterschiedliche Meldeordnungen, die teilweise mehrere Jahrzehnte alt sind.

„Das nächste Hochwasser kann schneller kommen, als uns lieb ist“, warnte die Ministerin. „Deswegen müssen wir jetzt Tempo machen, um bestmöglich vorbereitet zu sein und Folgen abzumildern.“ Am Rhein könne man etwa drei Tage im Voraus sagen, wie hoch er werde. Aber an kleineren Gewässern sei das bisher nicht möglich. Die Flut im Juli habe gezeigt, „dass schon wenige Prognosestunden helfen können, Menschenleben zu retten“.

Auch die Berichte von Meteorologen und Hydrologen sollen verständlicher werden. Den Hochwasser-Informationsdienst betreibt in NRW das Landesumweltamt (Lanuv). Präsident Thomas Delschen räumte ein, dass es bisweilen „Kommunikationsschwierigkeiten“ zwischen Meteorologen und Hydrologen gebe. Das Amt wolle auch seine Kommunikation mit der Öffentlichkeit verbessern. Außerdem solle das derzeit aus 99 Meldepegeln bestehende Netz, das vom Lanuv betreut wird, erweitert und aufgerüstet werden.

Das ebenfalls von der Flut stark betroffene Rheinland-Pfalz ist laut Heinen-Esser NRW voraus, denn es verfüge bereits über eine „echtes Hochwasserprognosesystem“. Nach diesem Vorbild solle auch in NRW das künftige Prognosesystem beim Lanuv angesiedelt werden. Die Hochwasser-Vorhersage müsse aber „den direkten Weg“ in die für Katastrophenschutz zuständigen Bezirksregierungen hineinfinden, forderte die CDU-Politikerin. An dieser „Schnittstelle“ müsse gearbeitet werden.

Als Lehre aus der Jahrhundertflut sollen die Hochwassergefahrenkarten überarbeitet werden. In NRW gelten 438 Gewässer mit fast 5900 Kilometern Gesamtlänge als Risikogewässer. Insgesamt gibt es in NRW Fließgewässer mit einer Länge von mehr als 14 000 Kilometern. Auch an kleinen Gewässern in Mittelgebirgen sollen künftig Risikokarten entwickelt werden. „Das Hochwasser im Juli begann besonders an den kleinen Gewässern in den Mittelgebirgen und hat dann erst die größeren Gewässer betroffen“, stellte die Ministerin fest.

Überschwemmungsgebiete sollen angesichts des Klimawandels neu erfasst werden. Ebenso würden Flutwellenberechnungen für Talsperren geprüft. Auch vor Ort in den Kommunen soll der Hochwasserschutz gestärkt werden. Mehr als 50 Kommunen in NRW hatten bereits vor der Flut Starkregenrisikokarten erstellt. Dazu bemerkte Heinen-Esser, auch andere Kommunen sollten so vorsorgen.

Bei Unwettern mit ungewöhnlich starken Regenfällen Mitte Juli 2021 waren allein in NRW 49 Menschen gestorben. Nach ersten Schätzungen entstanden Schäden in Höhe von etwa 13 Milliarden Euro. Ein vom Landtag eingesetzter Untersuchungsausschuss prüft derzeit mögliche Versäumnisse, Unterlassungen und Fehleinschätzungen der Landesregierung im Zuge der Flutkatastrophe. Dabei geht es auch um die Frage, ob die Menschen früher hätten gewarnt werden können.

Für den Hochwasserschutz stehen in NRW dieses Jahr zusätzlich 35 Millionen Euro bereit, um die Projekte in Gang zu bringen. Heinen-Esser zufolge ist eine Erhöhung bis jährlich 100 Millionen Euro erforderlich.

(dpa)