Gesundheitsbericht Babys aus Süd wiegen weniger
Neugeborene, deren Mütter in Süd, Nord, Mitte oder Fischeln leben, sind öfter untergewichtig als Babys aus anderen Stadtteilen.
Krefeld. Es ist der Alptraum werdender und frischgebackener Eltern: Ihr Baby stirbt während der Schwangerschaft oder wenige Stunden, Tage, Wochen, vielleicht Monate nach der Geburt. In Krefeld liegt die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Alptraum schlimme Realität wird, über dem landesweiten Schnitt; die Sterblichkeit bei Neugeborenen ist hier höher als anderswo.
Eine Ursache dafür: Kinder, die in Krefeld auf die Welt kommen, sind häufiger untergewichtig als im NRW-Schnitt. Zu diesen Ergebnissen kommt der Gesundheitsbericht des zuständigen Fachbereichs Gesundheit, der sich mit Geburtsgewicht, Säuglingssterblichkeit und Totgeburten in Krefeld im Zeitraum von 2009 bis 2014 auseinandersetzt und heute im Rat vorgestellt wird.
„Generell haben Säuglinge mit einem niedrigen Geburtsgewicht — meist Frühgeborene —, Neugeborene mit Fehlbildungen sowie solche, die von Schwangerschaft- und Geburtskomplikationen betroffen sind, ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko“, heißt es im Bericht. Die Gesundheit von Mutter und Kind seien während der Schwangerschaft und im Säuglingsalter eng miteinander verknüpft.
Ob Krefelder Kinder mit Untergewicht geboren werden, hängt nach den Auswertungen des Fachbereichs Gesundheit auch davon ab, ob die Mütter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet sind oder nicht: Die Gegenüberstellung der Geburtsgewichte in den Jahren 2009 bis 2013 mache deutlich, dass Kinder, „die unehelich zur Welt kommen, eher von zu niedrigem Geburtsgewicht betroffen sind, als ehelich geborene“.
Der drei-Jahres-Mittelwert von 2011 bis 2013 etwa zeigt: Von 1000 Neugeborenen verheirateter Mütter wiegen 15 nur 1500 Gramm und weniger, 55 zwischen 1500 und 2500 Gramm. Zum Vergleich: 23 von 1000 unehelich geborenen Babys kommen mit einem Gewicht von 1500 Gramm und weniger auf die Welt, zwischen 1500 und 2500 Gramm wiegen 76 unehelich geborene Säuglinge (die Promillewerte sind jeweils gerundet).
Was bedeuten diese Zahlen? Es seien vor allem junge, meist unverheiratete Mütter „mit schlechtem Bildungsniveau, die aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommen, die solche Kinder zur Welt bringen“, sagt der Leiter des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes in Krefeld, Hans-Peter Wirtz. Rauchen und psychosozialer Stress, „innere Unruhe“ etwa, übertragen sich, so Kinderarzt Wirtz, unweigerlich während der Schwangerschaft von der Mutter aufs Kind und könnten Ursachen für ein zu geringes Geburtsgewicht sein.
Nicht nur das: Auch der Stadtteil, in dem die Mutter des Neugeborenen lebt, hat offenbar Auswirkungen darauf, ob ein Kind untergewichtig zur Welt kommt oder nicht: Die Statistiken des Fachbereichs Gesundheit offenbaren teils große Unterschiede innerhalb der einzelnen Stadtbezirke: „In Krefeld-Mitte, Süd und Nord kommen die meisten Kinder mit geringem Geburtsgewicht zur Welt, gefolgt von Fischeln“, heißt es im Bericht.
Die Fallzahlen seien „winzig klein“, warnt Wirtz vor Panikmache, daher bildeten die Statistiken Mittelwerte aus drei Jahren ab: Während im Zeitraum von 2011 bis 2013 etwa in Hüls acht von 1000 Säuglingen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm zur Welt kamen, waren es in Mitte 21, in Fischeln 22 und in Uerdingen 28. Mit einer Interpretation der Zahlen tut sich Kinderarzt Wirtz schwer, kann sich die Ergebnisse hier aber auch nur durch „schwierige Sozialstrukturen“ erklären.
So begründet Wirtz auch die Tatsache, dass Krefelder Säuglinge mit ihrem Geburtsgewicht unterm NRW-Schnitt liegen: „In ländlichen Gebieten werden häufiger normalgewichtige Kinder geboren, in einem Ballungszentrum wie dem Ruhrgebiet sieht es wieder anders aus — beides ist mit einer Stadt wie Krefeld nicht vergleichbar“, formuliert der Kinderarzt vage. Fest stehe aber: Das Geburtsgewicht „ist ein wichtiger Indikator für die Säuglingssterblichkeit“ — beides liefere Aufschluss über „die Qualität der Lebensverhältnisse und der medizinischen Betreuung“ vor Ort.
Auf Grundlage des Gesundheitsberichts müsse daher entschieden werden, wie in Krefeld künftig Präventionsarbeit geleistet werden kann. Wirtz bezieht dazu deutlich Position: „Vorbeugen kann man Untergewicht als größtes Risiko für Säuglingssterblichkeit durch die Beratung von jungen Frauen vor der Schwangerschaft.“