Pflege Altenheime bilden Seelsorger selbst aus

Krefeld · Um Senioren mit Ängsten nicht alleine zu lassen, hat die Caritas ein Pilotprojekt gestartet – mit Erfolg.

Das Thema Seelsorge soll zukünftig in allen Caritas-Einrichtungen eine große Rolle spielen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Ängste, Einsamkeit und die Sorge, nicht mehr gebraucht zu werden: gerade alte Menschen haben mit Gefühlen dieser Art zu kämpfen. Vor allem, wenn irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem sie auf Hilfe angewiesen sind und die eigene Wohnung gegen ein Zimmer in einem Seniorenheim eintauschen müssen. „Da kommt bei einigen die Frage auf, wofür bin ich überhaupt noch da? Seelsorge kann den Gegenakzent setzen und klar machen, dass jeder Mensch wertvoll ist“, sagt Adelheid Jacobs-Sturm von der Caritas.

Priester haben viel weniger Kapazitäten als früher

Daher ist Seelsorge in Seniorenheimen ein wichtiges Thema, das in der Vergangenheit in der Regel durch Geistliche aus der verantwortlichen Gemeinde übernommen wurde. Heute sei das in dem Ausmaß kaum mehr möglich, sagt Jacobs-Sturm. Die gesellschaftliche Entwicklung sorgt dafür, dass immer mehr Gemeinden zusammengelegt werden, Priester somit weniger Kapazitäten haben.

Auch in der Einrichtung Wilhelmshof an der Wilhelmshofallee kennt man diese Entwicklung. „Seelsorge, wie wir sie früher hatten, gibt es so nicht mehr“, sagt Einrichtungsleiter Frederik Caljkusic und fügt hinzu: „Ich als Heimleiter übernehme zunehmend die Rolle als Seelsorger.“ Genau wie seine Kollegen, die allzeit bereit stünden für die Sorgen der Bewohner.

Die Caritas ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat sich mit einem Pilotprojekt auf den Weg gemacht, die Seelsorge in ihren Einrichtungen zu stärken. „In unseren Altenheimen ist es uns nicht nur wichtig, dass unsere Bewohner körperlich gut versorgt und gepflegt werden, sondern wir möchten als Caritas auch ein besonderes Augenmerk auf die Seele legen“, sagt Caritas-Vorstand Hans-Georg Liegener.
So wurden sechs Mitarbeiterinnen unter der Leitung von Adelheid Jacobs-Sturm ein Jahr lang geschult und fungieren als Koordinatorinnen in der Seelsorge. In 150 Zeitstunden haben die Mitarbeiterinnen aus dem Sozialen Dienst durch Vorträge, Gruppenarbeit aber auch durch Selbsterfahrung ein neues Konzept entwickelt. Eine von ihnen ist Basina Kurumundajil. „Diese Zeit hat mir unheimlich viel gegeben und der Seelsorge einen ganz neuen Stellenwert gegeben“, sagt sie. Sie habe gelernt, worauf es zu achten gilt. Etwa, welche Rituale es beim Sterben gibt oder was es eigentlich bedeutet, zu beten.

Teil der Schulung war das christliche Menschenbild

Das Projekt habe den Blick auf die Seele geschärft ­– nicht nur Kurumundajils, sondern auch den der Kollegen. „Das Projekt ist auch für die Mitarbeiter ein Signal, welchen Stellenwert die Seelsorge in unserem Haus hat“, sagt Jacobs-Sturm, die selbst 15 Jahre als Krankenhausseelsorgerin tätig war.

Ein Teil der Schulung war die Betrachtung des christlichen Menschenbildes, denn viele Bewohner seien christlich geprägt. Welcher Konfession der Seelsorger angehört, sei hingegen in den überwiegenden Fällen nicht relevant. Jacobs-Sturm: „Empathie und Menschlichkeit spielen eine Rolle. Zu wissen, man wird so angenommen wie man ist – da ist Konfession egal.“

Diesen Eindruck bestätigt auch Frederik Caljkusic vom Wilhelmshof. „Konfessionszugehörigkeit der Seelsorger interessiert die wenigsten. Nicht einmal bei den Gottesdiensten.“ Fällt da einmal der Pfarrer aus, hält Caljkusic die Gottesdienste sogar selbst ab. Bei Infogesprächen käme öfter die Frage, ob es als Katholik überhaupt möglich sei, im Wilhelmshof, das zur Evangelischen Altenhilfe gehört, einen Platz zu bekommen. Caljkusics Antwort: „Wir haben das Jahr 2018, wir machen da überhaupt keinen Unterschied.“ Das berichtet auch Kira El Kaamouzi vom Gerhard-Tersteegen-Haus in der Innenstadt. „Die Einstellung der Bewohner hat sich sehr verändert. Es ist eher wichtig, dass es generell christliche Orientierung gibt.“

Caritas initiiert einen Trauerkreis mit dem Titel „Einer fehlt...“

In den Einrichtungen der Caritas wurden unterdessen die ersten Projekte, deren Erarbeitung Bestandteil der Fortbildung war, umgesetzt. „Wir haben eine Bestandsaufnahme gemacht und festgestellt, dass es keinen Raum gibt, um die Trauer der Menschen aufzufangen, wenn ein Bewohner gestorben ist“, sagt Kurumundajil. Sie habe daher einen Trauerkreis mit dem Titel „Einer fehlt...“ initiiert. „Hier haben sich die Bewohner Anekdoten über die verstorbene Person erzählt und auch ihre eigene Sterblichkeit thematisiert“, sagt die Caritas-Mitarbeiterin. Sie sei positiv überrascht gewesen, wie gut der Trauerkreis ankam. „Die Atmosphäre war intensiv und die Teilnehmer sehr dankbar.“

Diese Dankbarkeit sei die beste Bestätigung, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Ein weiterer Kurs zur Schulung der Mitarbeiter ist bereits angelaufen. Das Thema Seelsorge wird zukünftig in allen Caritas-Einrichtungen eine große Rolle spielen.