Krefeld Das Ringen um die beste Lösung für das Seidenweberhaus
Politiker fordern belastbare Zahlen für die vier Varianten, damit sie über die Zukunft des Seidenweberhauses entscheiden können - ein Überblick.
Krefeld. In der Ratssitzung am 5. Dezember möchte die Politik eine wegweisende Entscheidung zu Theaterplatz und einer zukünftigen Veranstaltungshalle treffen. „Es gibt derzeit viele Fragen und wenig Antworten“, erklärt Jürgen Hengst (SPD) einen gemeinsamen Antrag mit CDU im Planungsausschuss am vergangenen Donnerstagabend. Beide Fraktionen hatten deshalb einen ausführlichen Fragenkatalog an die Verwaltung gerichtet, um die bislang vorliegenden Aussagen zu Zustand und Betriebsfähigkeit des Seidenweberhauses (SWH) besser einschätzen zu können, ebenso wie die Angebote der beiden möglichen Investoren Gerald Wagener und Wolf-Reinhard Leendertz. Dazu solle auch externer Sachverstand hinzugezogen werden.
Laut Beigeordneten Martin Linne ist es nicht möglich, innerhalb so kurzer Zeit exakte Zahlen vorzulegen. „Dazu muss man wissen, was für eine Veranstaltungshalle an dem jeweiligen Ort man genau will.“ Entsprechende externe Planungen kosteten pro Vorschlag rund 1,6 Millionen Euro.
In einer anschließenden Präsentation fasste Linne alle Merkmale der vier Vorschläge zur besseren Übersicht noch einmal zusammen: Erhalt und Revitalisierung des SWH, Abriss des SWH und Neubau einer Veranstaltungshalle mit Hotelkomplex auf dem Theaterplatz oder südlich des Hauptbahnhofs; Veranstaltungshalle mit Hotelkomplex im Mies-van-der-Rohe-Business-Park am Girmesdyk.
Bevor er verschiedene Aspekte der unterschiedlichen Varianten miteinander verglich, räumte er mit einer verbreiteten Ansicht auf: „Es ist einer falscher Ansatz, dass eine Veranstaltungshalle in der Innenstadt stehen muss.“ Es sei ein toter Raum, der nur durch das Drumherum zum Leben erweckt werde. Kulturgäste kämen erst abends und Konferenzteilnehmer würden längst nicht mehr während des Tages die Halle verlassen. Die Mediothek hingegen sei tagsüber für Besucher ein wichtiger Ort.
Erreichbare Stellplätze für die Besucher sind laut Linne bei allen drei Standorten gegeben. Beim Theaterplatz müsste die Zu- und Abfahrt der Tiefgarage verändert werden, am Girmesdyk und am Willy-Brandt-Platz müssten man sie schaffen. Die Anlieferung sei schon eher ein Entscheidungskriterium — und beim Theaterplatz ein Schwachpunkt. In jedem Fall (Sanierung und Neubau) müsste das Veranstaltungsequipment per Aufzug und spezieller Technik in den Saal transportiert werden. Am größeren Willy-Brandt-Platz könnten die Transporter eine eigene Zufahrt ins Obergeschoss der Halle bekommen, ähnlich wie im M.v.d.R.-Park.
Die heute nachgefragten Raumgrößen für das Kongress-Geschäft seien im SWH nur durch Umbau zu erreichen, beiden Varianten von vorne herein gegeben.
Ob bei dem Neubau am Willy-Brandt-Platz oder im M.v.d.R.-Park käme die Stadt ohne eine Zwischenunterbringung aus. „Dafür müsste ein siebenstelliger Betrag einkalkuliert werden“, sagt Linne.
Bei Sanierung wie auch Neubau auf dem Theaterplatz müsse man für mindestens drei Jahre eine Zwischenlösung finden. Laut dem Geschäftsführer der SWH GmbH, Paul Keusch, ist ein Neustart im Veranstaltungsgeschäft bei einer Pause von drei Jahren jedoch kaum zu leisten. Die Veranstalter würden sich anderweitig orientieren.
Das Seidenweberhaus steht für Linne aus heutiger Sicht an der falschen Stelle, wenn die Veranstaltungshalle und der Theaterplatz künftig an die Innenstadt angebunden sein sollen. „Eine Reparatur der Situation ist bei Abriss einfacher als bei Sanierung.“ Doch auch bei einem Neubau auf dem Theaterplatz müssten die Verkehrsführung auf der St.-Anton-Straße und die Kreuzungsbereiche zur besseren Überquerung angepackt werden. Im M.v.d.R.-Park habe das Äußere und die Umgebung hingegen Charme und dort seien unterschiedliche Raumkonfigurationen möglich — je nach Bedarf. 1100 Sitzplätze allein in der großen Halle seien machbar.
Während SPD und CDU verlässliche wirtschaftliche und bedarfsgerechte Zahlen für jede Variante fordern, um auch über etwaige Finanzierungsmöglichkeiten nachzudenken, stellt Grünen-Fraktionsvorsitzende Heidi Matthias eine Grundsatzfrage: „Die günstigste Variante ist nicht unbedingt die Beste, wir müssen uns vielmehr fragen, wo wollen wir im Vergleich zu anderen Städten künftig hin?“
Viel Zeit bleibt nicht mehr. „Mit jedem Monat steigt das Betriebsrisiko“, sagt Linne und verweist auf die Eishallen. Ohne Sanierung ist der Betrieb im SWH nur noch bis Ende 2019 möglich. 500 000 Euro jährlich seien im Haushaltsentwurf für den Betrieb vorgesehen. Keusch hingegen geht im Jahresabschluss für 2016 sogar von einem Zuschussbedarf für 2019 in Höhe von 815 000 bis 845 000 Euro aus — bei störungsfreien Betrieb.