Den Krefelder Katholiken gehen die Priester aus
Lösungen, die in den Gemeinden diskutiert werden: Zölibat abschaffen, Laien einbinden, Frauen ins Amt lassen.
Krefeld. Er ist männlich und er ist ledig. Nur deshalb kann er das sein, was er ist — ein katholischer Priester. Trotzdem findet Johannes Sczyrba, dass diese beiden Grundvoraussetzungen überholt sind: „Wir müssen Wege finden, die Gläubigen wieder mit Geistlichen zu versorgen.“
Sczyrba ist Pfarrer der Gemeinde St. Anna und er redet über ein Problem, dass in der Region Krefeld, dem Bistum Aachen, in ganz Deutschland und darüber hinaus grassiert: der Priestermangel.
Natürlich ist er sich bewusst, dass vor allem Frauen im Priesteramt ein Reizthema sind: „Die männliche Tradition ist sehr alt. Aber eigentlich spricht nichts dagegen. Frauen sind ja keine schlechteren Menschen.“
Vor allem aber hält er es für falsch, verheirateten Männern die Weihe zum Priester zu verwehren: „Für den Zölibat gibt es keine Grundlage in der Bibel.“
Natürlich ist ihm klar, dass solche radikalen Umwälzungen nicht von einem Pfarrer in Krefeld, sondern nur vom Papst in Rom ausgehen können: „Und ob das realistisch ist — ich weiß es nicht.“
Eins aber weiß er ganz genau: „Wir müssen uns jetzt damit auseinandersetzen. Der Priestermangel ist ein massives Problem.“
Wie massiv genau, das kann Johannes Nienhaus, Referent der Regionaldekane für Kempen-Viersen und Krefeld/Meerbusch, beziffern: „In der Region Krefeld/Meerbusch gab es mal 40 Pfarren, jetzt sind es nur noch 15.“
Diese Verringerung der eigenständigen Pfarren ist die Folge eines Strukturwandels, der immer noch im Gange ist. „Im Prinzip“, erklärt Nienhaus, „gibt es zwei Möglichkeiten, dem Priestermangel zu begegnen. Man bildet eine Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) oder man schließt mehrere Gemeinden zu einer einzigen zusammen.“ Bei der ersten Variante handele es sich eher um eine Kooperation, bei der zweiten eher um eine Fusion.
Von den 15 Pfarren in Krefeld kooperieren zwölf in insgesamt drei GdG’s. Bei den übrigen drei handelt es um fusionierte Pfarren.
Maria Frieden ist eine dieser fusionierten Pfarren, sie wurde aus fünf ursprünglich eigenständigen Pfarren gebildet. Lothar Zimmermann ist dort Gemeindemitglied. Zufrieden ist er nicht: „Wir haben derzeit etwa 13 000 Mitglieder — das ist viel zuviel für einen Pfarrer. Aber gegenwärtig haben wir gar keinen.“
Deshalb wird Maria Frieden von wechselnden Priestern betreut. Zimmermann nennt sie „Leihpriester“: „Wenn ich sonntags in die Kirche geh’, weiß ich nicht, wer die Messe halten wird. Teilweise kenn’ ich die überhaupt nicht.“
Zimmermann ist nicht nur Gemeindemitglied, er ist auch Vorstandsmitglied des regionalen Pastoralrats. Vielleicht hat er deshalb eine klare Vorstellung davon, wie das Problem gelöst werden kann.
Er ist ein Verfechter des sogenannten Moderatorenmodells: „Dabei würde die Gemeinde von ihren Mitgliedern geleitet, ein Geistlicher müsste nur noch moderierend eingreifen. Auf diese Weise könnte ein Pfarrer mehrere Pfarren betreuen.“
Er betrachtet dieses Modell auch nicht als Notlösung: „Es wäre eine Chance für mündige Christen, ihre Gemeinden zu leiten.“
Auch Pfarrer Johannes Sczyrba befürwortet das Moderatorenmodell. Allerdings ist seine Gemeinde nicht direkt betroffen. St. Anna ist Teil einer GdG, die aus vier Pfarren besteht, die von vier Pfarrern betreut werden. „Uns“, räumt er ein, „geht es also vergleichsweise gut.“
Aber prinzipiell sei das Moderatorenmodell ein brauchbarer Lösungsansatz. Er geht sogar noch einen Schritt weiter als Lothar Zimmermann: „Die Moderatoren müssten nicht unbedingt hauptamtliche Priester sein. Es könnten auch Laien sein, die nach einer theologischen Kurzausbildung geweiht werden.“ Diese verdienten Gemeindemitglieder, betont er, könnten auch verheiratet sein.
Dieser Gedanke ist nicht ganz neu, es gibt sogar eine Bezeichnung für diese Art von Laienpriestern: „Viri probati“ — bewährte Männer.