Europaring: Allee verschwindet
Schon Donnerstag sollen die ersten von 110 Silberweiden gefällt werden. Verberger verlieren ihren Sichtschutz.
Krefeld. In exakt einer Woche wird sich die Landschaft am Europaring westlich der Zwingenbergstraße dramatisch verändert haben. Denn an nur vier Arbeitstagen will eine Kölner Firma im Auftrag der Stadt Krefeld 110 alte Silberweiden auf Stock zurückgeschnitten haben. Im Klartext: Nach der Fällung bleiben von den bis zu 60 Jahren alten und bis zu 20 Meter hohen Bäumen nur noch kniehöhe Stümpfe zurück, die im Frühjahr austreiben werden.
Der Kahlschlag an der Nordtangente kommt für Krefelder Verhältnisse ziemlich schnell: Am Dienstag um 14.30 Uhr hatte Doris Törkel, Leiterin des Fachbereichs Grünflächen, die Presse zum Ortstermin geladen, eine halbe Stunde später waren Mitglieder der Bezirksvertretung Ost an der Reihe, die in ihrer vorletzten Sitzung von der Verwaltung informiert worden war.
„Was? Schon am Donnerstag soll es losgehen?“, war Heidi Matthias, für die Grünen im Stadtrat, baff. Auch darüber, dass nicht etwa 110 Bäume auf der ganzen Europaring-Länge fallen, sondern verdichtet auf einem relativ kurzen Abschnitt. Die Anwohner der Heyenbaumstraße, die in Kürze direkt auf die verkehrsreiche Tangente blicken dürfen, werden durch Wurfsendungen informiert. Bernd Kraft von der Bürgeraktion Baumschutz war beim Ortstermin ungewöhnlich zurückhaltend.
Die 110 Weiden auf dem 300 Meter langen Abschnitt sind nicht etwa krank, sondern in einem Alter, in dem Kronenbruch und vom Wind abgerissene Äste zu einer Gefahr für die Verkehrsteilnehmer werden. „Auf dem Europaring ist Tempo 70 erlaubt, wenn dann etwas passiert . . .“, begründet Doris Törkel den „heftigen Einschnitt“ an der Tangente. Bereits im vergangenen Jahr hätten Windböen Äste von acht bis zehn Zentimetern Durchmesser auf die Fahrbahn geweht — zum Glück ohne Folgen.
Landschaftsschutz und Verkehrssicherheit seien gegeneinander abzuwägen gewesen. „Wir sind in der Verpflichtung. Es gibt keine Alternative.“ Objektiv sei die Allee kein Lärmschutz für die Häuser zwischen Gut Heyenbaum und Flohbusch. „Erst ab 100 Meter Breite wird der dbA-Wert von fünf gemindert“, rechnet Törkel vor. Die Fachbereichsleiterin, sicherlich nicht glücklich über die Botschaft, die sie zu verkünden hatte, sah sich dann noch der Schelte nicht Anwohnern ausgesetzt.
Eine Aufforstung ist derzeit nicht vorgesehen. Vielmehr sollen die Kölner Baumfäller zugesagt haben, jüngere und gesunde Bäume stehen zu lassen. Denn zwischen den Silberweiden, deren Abstand untereinander oft weniger als drei Meter beträgt, finden sich mittlerweile auch Eschen, Erlen und Ahornbäume. „Auch bei denen handelt es sich um Pioniergehölze, die sich Schwemmland durch schnelles Wurzelwachstum erobern“, erläutert Franz Filtmann, Leiter des Sachgebietes Baumkontrolle im Fachbereich, die Entstehung dieser Baumreihe.
Dass die Silberweiden an dieser Stelle jetzt schon deutliche Alterserscheinungen zeigen (ihre Lebenserwartung liegt bei 80 Jahren), führt Filtmann auf die Belastung durch den starken Verkehr zurück. Ob die erhaltenen Bäume ohne den Schutz der großen Weiden standfest bleiben, sollen künftige Kontrollen zeigen.