Herr Borbonus, Sie widmen sich in Ihrem Vortrag bei WZ Wissen in Krefeld dem Thema Respekt. Dabei hört man doch immer wieder, dass der Respekt in unserer Gesellschaft verloren geht. Stimmt das denn?
WZ-Veranstaltung „Respekt macht produktiver“
Krefeld · Rhetorikexperte René Borbonus spricht am Montag bei WZ Wissen über das Thema Respekt.
Borbonus: Ich glaube nicht, dass er verloren geht, aber es gibt neue Herausforderungen. Wir haben es mit neuen Kommunikationsmitteln und Medien zu tun, die zum Teil Respektlosigkeit begünstigen. Das passiert, indem wir dort sehr schnell oder auch anonym kommunizieren. Damit müssen wir umgehen lernen.
Wirkt sich respektloser Umgang im Internet und den Sozialen Medien auf die Gesellschaft im Allgemeinen aus?
Borbonus: Davon können wir ausgehen. Wir erleben in den sozialen Medien teilweise sehr harte Auseinandersetzungen. Die Anonymität begünstigt das. Wenn wir viel Zeit in diesem Umfeld verbringen, wirkt sich das früher oder später auf unser Verhalten aus. Vielleicht sogar auf unsere Haltung. Überdies kommunizieren wir in sozialen Medien oft im Affekt, also sehr schnell und emotional. Entsprechend unreflektiert fallen die Äußerungen dort oft aus.
Ist Respekt ein Generationenthema? Sind die Jüngeren respektloser als die älteren?
Borbonus: Der sogenannte vertikale Respekt, den wir durch Leistungen bekommen, war früher stärker gegeben. Ältere Menschen haben wir per se respektvoll behandelt. Das hat heute nachgelassen. Junge Menschen haben nicht mehr automatisch Respekt vor Eltern, Großeltern, Lehrern oder Priestern. Allerdings glaube ich, dass viele der empfundenen Respektlosigkeiten auf Missverständnissen beruhen oder auf unterschiedlichen Gesprächsstilen. Das gab es auch früher schon und wird sich wohl nie ändern. Schon Sokrates hat sich über die ‚respektlose Jugend‘ beklagt.
Ist Respektlosigkeit ein Merkmal der modernen Arbeitswelt?
Borbonus: In Umfragen, was die Menschen am Arbeitsplatz vermissen, tauchen extrem oft Schlagworte auf wie Wertschätzung, Anerkennung, Respekt. Immer sehr weit oben, wenn nicht sogar ganz oben. Woran liegt das? Wir sind oft unabsichtlich respektlos in der Arbeitswelt. Ich glaube nicht, dass Führungskräfte Mitarbeiter böswillig und absichtlich verletzen. Das kann sicher mal vorkommen, aber meistens sind wir aus Versehen respektlos.
Sind besonders erfolgreiche Menschen, zum Beispiel Top-Manager, nicht oft respektlos gegenüber anderen?
Borbonus: Das kann man nicht über einen Kamm scheren. Es gibt überall solche und solche. Natürlich gibt es Manager, die an die Spitze wollen und dabei egoistisch vorgehen oder sogar vorgehen müssen. Aber ich kenne mindestens genauso viele Führungskräfte, die sehr um einen respektvollen Umgang bemüht sind. Vielleicht kommen die auch eher zu mir, weil sie sich gezielt mit dem Thema auseinandersetzen. Aber die Erfahrung lehrt: Wenn wir in der Sache klar sind und zum Menschen respektvoll, haben wir auch den besten Output und den größten Erfolg. Von Menschen, die in Führung gehen, erwarten wir automatisch eine soziale Intelligenz. Und wer die einsetzt, kommt weiter. Davon bin ich fest überzeugt.
Welche Vorteile hat eine Kultur des Respekts im Unternehmen?
Borbonus: Wenn Respekt im Unternehmen ein zentraler Wert ist, arbeiten Menschen motivierter. Die emotionale Bindung steigt und damit auch die Mitarbeiterzufriedenheit. Und das sind keine leeren Worte. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der Output stimmt. Außerdem sorgt respektvolle Kommunikation nachweislich dafür, dass Menschen gesünder sind. Es ist ja so: Mitarbeiter können nach außen nur das zeigen, was von innen genährt und gefördert wird. Von ihnen wird ganz selbstverständlich verlangt, dass sie Kunden respektvoll gegenübertreten. Das kann aber nur gelingen, wenn sie auch selbst respektiert werden.
Was erwartet die Besucher von WZ Wissen am Montag?
Borbonus: Es werden 90 inspirierende und spannende Minuten, in denen die Zuhörer mehr zu den Wirkfaktoren wertschätzender Kommunikation, dem Schlüssel für respektvollen Umgang, erfahren.