Ausstellung Fotograf Paul Maaßen: „Hinter der Linse ist alles verklärt“
Fotograf Paul Maaßen erzählt im Interview, wie „bereichernd“ die Arbeit mit Flüchtlingen für die Ausstellung von WZ und VHS „Refugees: 20 Faces/20 Stories“ für ihn war.
Krefeld. Paul Maaßen streicht ein Porträt an einer der Stellwände glatt. An einem anderen ist eine Ecke lose. Der 61-Jährige kümmert sich darum. Immer wieder ist der Profifotograf in den vergangenen Wochen ins Foyer der Krefelder Volkshochschule gekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Der Kempener hat mit zwei Hobbyfotografen, die ihm zur Seite standen, die Bilder für die gemeinsame Ausstellung der Westdeutschen Zeitung und der Volkshochschule „Refugees: 20 Faces/20 Stories“ (Flüchtlinge: 20 Gesichter/20 Geschichten“ gemacht. Im Interview erzählt Maaßen, was dieses Flüchtlings-Projekt für ihn bedeutet.
WZ: Herr Maaßen, die Ausstellung läuft ja noch bis zum 31. Mai, können Sie trotzdem schon eine persönliche Zwischenbilanz abgeben?
Paul Maaßen: Angesichts der Reaktionen der Besucher bin ich froh, dass wir uns entschieden haben, keine kleinen Bilder zu den Kurzinterviews zu stellen. Die Porträts der Flüchtlinge sind zum Teil lebensgroß, 1:1. Das ist für die Zuschauer ein echtes Gegenüber. Man geht einen anderen Dialog ein. Es hat eine andere Strahlkraft. Auch die Porträtierten hatten bei der Eröffnung sprichwörtlich den Mund offen stehen, wie sie in der Ausstellung aussehen.
WZ: Beim Fotoshooting haben Sie den 20 Männern und Frauen keine Vorgaben gemacht, warum?
Maaßen: Wir wollten niemanden zu etwas zwingen, niemanden drängen, jeder sollte über sich selbst bestimmen. Sie sollten über ihre Kleidung selbst entscheiden und beispielsweise, ob sie sich schminken oder eben nicht. Alle Bilder, bis auf eines, sind dabei naturbelassen. Bei einem war die Schminke eines Mädchens etwas zu stark, da habe ich noch nachgearbeitet.
WZ: Wie war die Arbeit, der Umgang vor Ort?
Maaßen: Wir haben die Menschen absichtlich nicht animiert. Wir wollten die Porträts einfach, natürlich und authentisch halten. Die Flüchtlinge sollten in sich ruhend erkennbar sein. Gerade bei solchen Inhalten gehören da keine lachenden Menschen aufs Foto. Selbst wenn sie aufgeregt waren, hat sich die Ruhe der Fotografen auf die Porträtierten übertragen. Die beiden Amateurfotografen Elmar Streyl und Roland Duddek, die mir geholfen haben, wussten genau, wo ich hin wollte. Es war tolle Teamarbeit. Meine Hoffnung, dass, wenn ich mir Helfer hole, gemeinsame Arbeitsteilung, Organisation und Problemlösung dem Projekt guttun, hat sich erfüllt. Bei vielen Bildern wissen wir nicht einmal mehr, wer auf den Auslöser gedrückt hat und wer am Computer gesessen und die Ergebnisse beurteilt hat.
WZ: Wie hat Sie das Wissen um die Schicksale der Menschen, die Sie fotografiert haben, bei der Arbeit beeinflusst?
Maaßen: Im Moment des Fotografierens berührt mich das nicht. Es ist ja ein bekanntes Phänomen bei der Fotografie, dass beim Blick durch den Sucher eine Verklärung der Realität entsteht. Deswegen können Kriegsfotografen ja auch Dinge ablichten, die sie sich niemals mit bloßem Auge angucken könnten. Die Auseinandersetzung mit diesen 20 Menschen war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung, bereichernd und lehrreich. Und es ist schön zu sehen, dass diese Männer und Frauen trotz ihrer schweren Geschichte optimistisch in die Zukunft blicken. Sonst hätten sie vermutlich auch nicht bei dem Projekt mitgemacht. Es waren Menschen, die sowieso schon einen Schritt aus der Anonymität getan haben, indem sie Kontakt zu Krefelder Organisationen haben und zum Beispiel an Kursen teilnehmen.
WZ: Würden Sie ein solches Projekt noch einmal machen wollen?
Maaßen: Jederzeit. Es war eine sehr produktive Arbeit aller Beteiligten. Wir haben alle gerne miteinander gearbeitet. Und möglicherweise ergibt sich aus den Begegnungen sogar gleich noch ein weiteres Projekt. Da ist sozusagen etwas in der Pipeline. Mehr kann ich dazu aber derzeit noch nicht sagen.