„Gemeinsames Lernen geht nicht zum Nulltarif“
Krefelder Schulleiter schicken ihre Stellungnahme zur geplanten Schulrechtsänderung nach Düsseldorf. Ein Problem ist die Finanzierung.
Krefeld. Die Botschaft Krefelder Schulleiter an NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann ist eindeutig: „Inklusion ist nicht zum Nulltarif zu haben“, steht in dem Brief, den die Sprecher der verschiedenen Schulformen nach Düsseldorf gesandt haben.
Offiziell ist der Brief eine Stellungnahme zum Entwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes, das die entsprechende UN-Menschenrechtskonvention zum gemeinsamen Lernen von behinderten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen in Regelschulen (Inklusion bzw. inklusives Schulsystem) festlegen soll.
Aber hauptsächlich an der Finanzierung scheiden sich die Geister im Land und in den Kommunen. Unter anderem deshalb ist der Start der Inklusion in NRW vom Sommer 2013 um ein Jahr, auf den Schuljahresbeginn 2014, verschoben worden.
Monika Scheelen ist seit 1989 Leiterin der Förderschule am Rundweg, heute Kompetenzzentrum für die Sekundarstufe I. Da sie vor einiger Zeit die Funktion als Sprecherin der Förderschulen an Claudia Kohlstedt weitergegeben hat, hat sie den Brief an die Ministerin nicht mitunterschrieben, besitzt aber natürlich ein Exemplar.
Zu den nötigen Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen, gehören ihrer Ansicht nach: Die Klassenstärke sollte möglichst gering sein, maximal bei 25 liegen. In einer Klasse sollten maximal fünf Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sein.
In allen Hauptfächern und für die spezifische Förderung wichtiger Fachbereiche müsste es eine Doppelbesetzung mit Regelschullehrer und Sonderpädagogen geben. In jedem Stadtteil muss eine Schwerpunktschule für Inklusion angeboten werden. Und im Stundenplan müssten Teamsitzungen zur Abstimmung der Förderung verankert werden.
Im Brief an die Ministerin beschreiben die Schulleiter, dass sie „mit großem Schrecken zur Kenntnis nehmen müssen, dass in wesentlichen Teilen des Gesetzesentwurfes Schritte vorgesehen sind, die nur als Sparmaßnahmen bezeichnet werden können und die dem Recht aller Kinder auf individuelle Förderung in den Schulen diametral entgegenstehen.“
Der Entwurf sehe ausschließlich Einschränkungen vor. Die Leiter fordern die Ministerin auf, „alle Veränderungen aus dem Entwurf zu streichen, die eine Verschlechterung des zurzeit geltenden Status’ bedeuten.“
Bemängelt werden insgesamt neun Punkte. So fordern die Krefelder Schulchefs, dass zusätzlich Lehrkräfte an Regelschulen dringend auf den Umgang mit Schülern mit Förderbedarf vorbereitet also fortgebildet werden — und zwar flächendeckend.
Die Umsetzung der Forderungen halten sie für zwingend erforderlich, „wenn Integration und Inklusion nicht nur Worthülsen bleiben sollen. Wir stehen hinter dem Grundgedanken, erwarten aber die zur Umsetzung erforderlichen Ressourcen.“
Monika Scheelen weist darauf hin, dass die Stadt Krefeld auf die Inklusion ganz gut vorbereitet sei: „Wir haben zurzeit 500 Schüler mit Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht an Grundschulen und in integrativen Lerngruppen der Sekundarstufe I. Aber ich glaube, dass viele Eltern bei diesem Thema verunsichert sind. Und wir registrieren, dass Eltern betroffener Kinder und Jugendlicher immer mehr das Interesse an Förderschulen verlieren, weil sie registrieren, dass es den Rechtsanspruch auf gemeinsames Lernen in Regelschulen gibt. Das ist für uns ein großes Dilemma.“
Die Schulleiter bemängeln zu diesem Punkt, dass Förderschulen und Kompetenzzentren „de facto verschwinden werden.“