Fußball Gewalt auf dem Fußballplatz: Staatsanwalt soll Schiris schützen

Schiedsrichter fordert grundlegende Änderungen: "Die Auswüchse haben an Quantität und Qualität zugenommen."

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Krefeld. Gewalt auf Fußballplätzen ist eine immer häufiger registrierte unliebsame Begleiterscheinung. Vor allem gegen Schiedsrichter. Der Fußballkreis Essen greift jetzt gegen Gewalt durch: Zu Spielen von drei auffällig gewordenen Mannschaften werden vorerst keine Schiedsrichter mehr geschickt. Anlass waren immer Spielabbrüche wegen Gewalt auf dem Platz und Bedrohungen von Schiedsrichtern. Der Schiedsrichter-Entzug gilt vorerst bis zu den Verhandlungen vor dem Sportgericht. Sollten sich die Vorwürfe dort bestätigen, wird die Nicht-Ansetzung beibehalten. Der Vorsitzende des Fußball-Kreis Essen, Thorsten Flügel sagt: „Es gibt erst wieder Schiedsrichter, wenn die Vereine mit den Spielern der jeweiligen Mannschaft uns ein schlüssiges Konzept vorlegen, wie solche Vorfälle künftig zu vermeiden sind.“

Thomas Kirches begrüßt das konsequente Vorgehen in Essen. „Es ist bei uns nicht besser. Die Auswüchse haben an Quantität und Qualität zugenommen“, sagt Kirches, Mitglied der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Gewalt gegen Schiedsrichter im Fußballkreis Kempen-Krefeld.

Kirches weiß, wovon der spricht. 14 Jahre ist er in der Arbeitsgruppe aktiv, hat selbst sieben Jahren in der Regionalliga Spiele geleitet, zehn Jahre in der Oberliga gepfiffen. Seine Analyse der zunehmenden Exzesse auf Fußballplätzen - die getroffenen Maßnahmen reichten nicht aus. Zwar gäbe es einen Kreis-Konflikt-Beauftragten (KKB), der sich solcher Dinge annehmen müsste. „Der ist aber auch zuständig, wenn Fans von SW Essen zum Spiel in die Grotenburg zum KFC kommen.“

Das alles sei nicht zu leisten. Kirches fordert daher einen Konflikt-Beauftragten für Schiedsrichter. Der Verband müsse sich dem Thema der Gewalt gegen Spielleiter deutlicher stellen. Es müsse klar sein, wer Ansprechpartner auf der Ebene des Verbandes sei. Damit täte man sich aber in dem Gremium schwer. Kirches: „Im Verband sind zu viele Bewahrer.“

Er strebt grundsätzliche Änderungen in der Ahndung von Gewalt gegen Schiedsrichter an. Und nennt ein praktisches Beispiel. Wer einen Schiedsrichter schlage, müsse mit einer Anzeige des Verbandes rechnen. Damit schaffe man eine andere Qualität. Der Schiedsrichter wäre dann nur noch Zeuge des Verfahrens. Aktuell müsse nämlich der Schiedsrichter klagen. Und das sei problematisch. Kirches: „Da gibt es Leute, die rufen bei dem Schiedsrichter an und sagen, wir wissen, wo deine Kinder zur Schule gehen. Da schreckt jeder zurück.“

Wäre der Verband Kläger, sei das Kräfteverhältnis ein anderes. Aber offenbar tue sich der Verband damit schwer. „Dann müssten wir die Satzung ändern“, sagt Kirches über die Argumentation der Dachorganisation.

Kirches geht sogar noch einen Schritt weiter und fragt, warum nicht bei Gewalt gegen Schiedsrichter grundsätzlich die Staatsanwaltschaft ermittelt, quasi als Offizial-Delikt — eine strafbare Handlung, die die Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgen muss. Weil es im öffentlichen Interesse sei, Gewalt im öffentlichen Raum bei Fußballspielen zu verfolgen. Klassische Offizialdelikte sind Mord, Totschlag, Raub, Betrug oder Trunkenheit im Straßenverkehr.