Putschversuch in der Türkei Halide Özkurt: „Wir sind alle sehr aufgewühlt“
Die SPD-Ratsfrau hat in der Nacht zu Samstag nicht geschlafen. CDU-Mann Mehmet Demir erlebt Putsch in der Türkei hautnah mit.
Krefeld. Der Putschversuch in der Nacht zu Samstag bewegt viele Menschen. Bei dem Umsturzversuch wurden nach offiziellen Angaben mindestens 265 Menschen getötet, mehr als 1000 wurden verletzt. Nach dem der Versuch niedergeschlagen wurde, greift die Regierung um Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hart gegen tatsächliche und vermeintliche Putschisten durch. Halide Özkurt, SPD-Ratsfrau, hat Verwandte in Istanbul und in Trabzon am Schwarzen Meer. „Wir haben natürlich noch in der Nacht telefoniert. Sie hatten Angst, dass sich das mit der Militärdiktatur jetzt wiederholt.“
„Wir sind natürlich alle sehr aufgewühlt von den Vorgängen in der Türkei“, sagt Halide Özkurt. „Was sich dort abspielt ist traurig, und war von niemand erwartet worden.“ Ihr Onkel in Istanbul sei noch kurz zuvor über die Bosporus-Brücke gefahren, die das Militär abgeriegelt habe. Ihre Verwandten in der Hafenstadt am Schwarzen Meer hätten sich ganz schnell im Supermarkt Lebensmittelvorräte gekauft. „Für alle Fälle“.
Halide Özkurt zu den Sorgen ihrer Verwandten in der Türkei während des Putschversuchs in der Nacht zum Samstag.
Hoffnungsvoll stimme, so die Sozialpädagogin, dass „das Volk in der Türkei auf die Straße gegangen ist und gezeigt hat, dass es keine Diktatur will.“ 99 Prozent der Menschen von Istanbul bis Ostanatolien hätten das unter Beweis gestellt. Auch die Opposition habe sich gegen den Militärputsch gestellt. Man könne, so die zweifache Mutter, von der türkischen Regierung halten was man wolle, „aber sie ist demokratisch gewählt und allemal besser als eine Diktatur der Generäle.“
Sie selbst habe die ganze Nacht zum Samstag nicht geschlafen und voller Angst vor dem Fernseher verbracht, um sich zu informieren. Viele ihrer Landsleute hätten sich in Krefeld am Hauptbahnhof zusammengefunden oder seien zum Generalkonsulat nach Düsseldorf gefahren, um ihre Solidarität zu zeigen.
Beunruhigt sei sie über das, was sich nach dem gescheiterten Putsch den ganzen Sonntag über in der Türkei ereignet hat. Hunderte von Menschen sind verhaftet worden.
Halide Özkurt: „Die Verantwortlichen in Militär und möglicherweise in der Justiz müssen zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden. Aber das darf nur unter rechtsstaatlichen Bedingungen erfolgen. Auf keinen Fall darf das zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Ich hoffe, dass die Menschen in Deutschland sich solidarisch zeigen und sich ebenfalls für die türkische Demokratie und Freiheit einsetzen.“
Direkt und hautnah vor Ort in der Türkei war Mehmet Demir in der Nacht des verhinderten Militär-Putsches. Er ist zur Zeit mit seiner Ehefrau Ayse zu Besuch bei den Schwiegereltern in der 100 000-Einwohner-Stadt Amasya südlich des Schwarzen Meeres.
Das CDU-Mitglied erzählt: „Es war dramatisch. Während der Nacht sind tausende Menschen mit türkischen Fahnen vor das Rathaus der Stadt gezogen. Alle waren sich einig — ob Erdogans AKP-Anhänger, ob sozialdemokratische Mitglieder der CHP, ob Aleviten oder Kurden — sie alle wollten gemeinsam den Putsch verhindern. Das war ein einmaliges Erlebnis und letztlich ja auch erfolgreich.“ Demir wird am Dienstag wieder nach Krefeld zurückkehren.