Flüchtlingshilfe in Krefeld Hansgeorg Rehbein: "Jetzt beginnt die Integration"

Hansgeorg Rehbein koordiniert die Flüchtlingsarbeit zwischen Stadt, Initiativen und Ehrenamtlern. Jetzt gilt es, die Menschen in Jobs zu vermitteln.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Ohne die gelebte Willkommenskultur in Krefeld und mehr als 1000 ehrenamtliche Helfer wäre die Aufnahme von etwa 3500 Geflüchteten zu Stoßzeiten im vergangenen Jahr in Krefeld nicht so weitgehend unproblematisch möglich gewesen. Flüchtlingskoordinator Hansgeorg Rehbein lässt daran im Gespräch mit der WZ keinen Zweifel. Die Unterbringung und Versorgung sei eine organisatorische Herkules-Aufgabe gewesen. Ohne das ehrenamtliche Engagement wäre das friedliche Miteinander in Krefeld nicht in der Form möglich gewesen. „Seit Juli vergangenen Jahres haben wir so gut wie keinen Zuzug mehr; jetzt beginnt die eigentliche Integration“, betont Rehbein.

Zur Zeit leben 3178 Flüchtlinge in Krefeld. Davon sind nur noch 114 Menschen in einer Tunhalle und den zwei Traglufthallen in Hüls und Traar untergebracht. 2574 Männer, Frauen und Kinder leben in städtischen Wohnungen oder Sammelunterkünften, 490 in selbst angemieteten Wohnungen.

Ein Grund für die zunehmende Entspannung sind die inzwischen zügig bearbeiteten Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Zwischen Februar und Dezember 2016 ist 1006 Anträgen auf Asyl in Deutschland — befristet zunächst — stattgegeben worden. Über 680 Anträge wurden abgelehnt.

„Viele der geplanten Hilfsangebote hatten sich im vergangenen Jahr verzögert“, sagt Rehbein. Zwischen September und November mussten 1800 in Krefeld wohnende Flüchtlinge noch einmal zurück in die Erstaufnahmeneinrichtungen. Bei ihrer Ankunft in Deutschland waren angesichts der großen Flüchtlingsströme von ihnen keine biometrischen Passfotos gemacht, Fingerabdrücke genommen und Personalien aufgenommen worden. Das wurde nachgeholt. „Seither wissen wir, wer bei uns in Krefeld ist“, erzählt Rehbein.

Als der pensionierte VHS-Leiter am 1. Dezember 2015 seine Arbeit als Flüchtlingskoordinator aufnahm, gab es zahlreiche Probleme und Defizite. „Auf der einen Seite die große Welle der Flüchtlinge und der zahlreichen hiesigen Helfer, auf der anderen Seite unkoordinierter Aktionismus, keine Ansprechpartner und Organisationsstrukturen, Konflikte beim Zugang zu Unterkünften, Kriminalität sowie Doppelstrukturen und Konkurrenz.“

Man habe zunächst Strukturen geschaffen, erklärt Rehbein. Alle Akteure, wie Vereine, Verbände, Institutionen und ehrenamtliche Helfer, wurden eingebunden, rasch sogenannte Koordinierungskreise in den Stadtteilen Traar, Hüls, Uerdingen, der Innenstadt sowie in den Unterkünften an der Westparkstraße, Glockenspitzhalle und am Wehrhahnweg initiiert und das Gewinnen und der Einsatz ehrenamtlicher Helfer koordiniert.

„Die Koordinierungskreise funktionieren immer noch, auch wenn ihre Arbeit wegen der abnehmenden Zahl der Geflüchteten weniger wird.“ Wie wichtig ihre Arbeit für den Integrationsprozess ist, zeige ein Beispiel aus Traar. Das Gros der 150 dort in der Traglufthalle zunächst untergebrachten Menschen wohne längst nicht mehr dort. „Dennoch fahren viele von ihnen weiter regelmäßig nach Traar, wegen der guten, vertrauensvollen Kontakte. Ob zum Begegnungscafé oder zu den Sprachkursen der Ehrenamtler.“

Seine Arbeit als Flüchtlingskoordinator ist dennoch nicht zu Ende. „Die erste Phase des Willkommenheißens ist abgeschlossen, jetzt folgt die Phase der Integration“, sagt Rehbein. Bei der stehen die Ehrenamtler nicht mehr in vorderster Reihe, aber ihre Hilfe sei unerlässlich. „Die Sprache ist für eine gelungene Integration ein ganz zentraler Punkt.“ Künftige mögliche Arbeitgeber erwarten ein deutsches Sprachniveau von mindestens A1-Standard (Anfänger).

„Die Flüchtlinge brauchen Möglichkeiten, die Sprache zu sprechen, Hilfe bei der Suche nach einer eigenen Wohnung wie auch Unterstützung bei der Suche nach Berufs-Praktika und Ausbildungsplätzen“, sagt Rehbein. Ehrenamtler könnten als Paten Hilfe leisten.

Auch Arbeitgeber spricht Rehbein an. Kostenlose dreimonatige Praktika böten ihnen die Chance, neue Azubis und Mitarbeiter zu gewinnen, die oft eine hohe Sprachkompetenz aufwiesen und sehr engagiert seien. Seit einem halben Jahr ist Krefeld Teil eines Modellprojekts der Bertelsmann-Stiftung zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. 85 Prozent der hier lebenden Menschen seien jünger als 35 Jahre, 35 Prozent davon Kinder und Jugendliche. Wenn es durch Sprach-, Schul- und Berufsausbildung gelinge, sie in Arbeit zu bringen, sei die Integration gelungen — und dem Arbeitsmarkt geholfen.