Kleinkunst Lehrerkind: Einst Albtraum, jetzt ein Hit
Der legendäre Auftritt in Günter Jauchs „Wer wird Millionär?“ wurde für Bastian Bielendorfer zum Glücksfall. Seitdem ist er als Komiker gefragt — wie am Freitag in der Kufa.
Krefeld. Die Mutter Lehrerin an der Grundschule, der Vater Pauker am Gymnasium, der Onkel auf dem Direktorensessel — für Schüler der absolute Albtraum. Das war bei Lehrerkind Bastian Bielendorfer nicht anders. Spätestens seit seinem legendären Auftritt in Günter Jauchs TV-Quiz „Wer wird Millionär?“, in dem sein Vater als Telefonjoker in 30 Sekunden alle Klischees bediente, die besserwisserischen Pädagogen anhaften, kann der Mittdreißiger seiner „Laufbahn“ als Lehrerkind viel Positives abgewinnen.
Der Auftritt im Fernsehen verschaffte ihm einen kometenhaften Aufstieg als Komiker und Buchautor. Am Freitag gastierte er mit seinem aktuellen Programm in der Kulturfabrik.
Da jeder einmal Schüler war, sind Geschichten rund um Schule und Elternhaus immer spannend. Bielendorfers Programm „Das Leben ist kein Pausenhof“ ist also nur konsequent. Darin präsentiert er höchst amüsant und offen vor allem die peinlichen Momente, in denen er sich für seinen Vater fremdschämt.
Wie sich sein geouteter Vater dabei fühlt, interessiert ihn weniger. Die Art, wie genüsslich er den telefonischen TV-Auftritt des Vaters zelebriert, lässt zumindest auf eine gewisse Genugtuung, wenn nicht gar Rache schließen.
Das TV-Ereignis, bei dem Bielendorfer die Antwort seines Vaters letztlich 32 000 Euro einbrachte, ist schon mehr als fünf Jahre her. Seitdem gilt Bielendorfer in Deutschland als bekanntestes Lehrerkind. Noch während der Sendung erhielt er nach eigener Aussage den Anruf eines großen Verlages.
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, seine Geschichte niederzuschreiben, flunkerte er spontan, das habe er schon getan. Nach der Aufforderung, das Manuskript zu schicken, holte er das Schreiben im Akkord nach. Das Buch landete auf Platz 1 der Bestsellerliste. Sein Vater hatte prophezeit: „Das liest doch keiner.“ Als es in der Gelsenkirchener Buchhandlung angepriesen wurde, soll dieser noch versucht haben, Käufer abzuhalten: „Das sind Lügen meines Sohnes.“
Auch in anderen Anekdoten seiner Kindheit — wie denen aus einem Zelturlaub — schneidet der Vater schlecht ab. Sarah und Mario aus dem Publikum werden bei einer Stand-up-Einlage mit der Rede des Vaters anlässlich der Hochzeit des Sohnes konfrontiert: „Die Ehe ist eine rein formelle Angelegenheit, die in 67 Prozent aller Fälle mit der Scheidung endet.“ Schlechte Erinnerungen hat der junge, sportlich unbegabte Bastian („Ich war ein hässliches Kind und fett“) auch an die Bundesjugendspiele und den Schwimmunterricht.
Im zweiten Teil seines Auftritts in der Kulturfabrik hat Bielendorfer sein Pulver schon fast verschossen. Die Geschichten um seinen Neffen Ludger, Kind zweier Waldorflehrer, sind zwar noch lustig, wirken aber aneinandergereiht, die weiteren geraten teilweise an die Grenzen guten Geschmacks.
Der Komiker hat in der Comedy-Szene als Lehrerkind eine Nische gefunden, die ihm beim RTL-Comedy Grand Prix den zweiten und beim NDR Comedy Contest 2016 den ersten Platz einbrachten. Aber er wird diesen Part nicht ewig spielen können.