Kultur Luftig zwischen Modern Jazz und Fusion

Im Jazzkeller überzeugte am Montagabend die Tenorsaxophonistin Christine Corvisier mit ihrem Quintett.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Die Männer dominieren in vielen Bereichen immer noch. Das ist im Jazz nicht anders. Dass eine Band unter der Leitung einer Frau jetzt auf Einladung des Jazzklubs Krefeld im Jazzkeller gastierte, ist also erwähnenswert, und die aus Südfrankreich stammende Christine Corvisier ist nicht die Sängerin ihres Quintetts, sondern brilliert am Tenorsaxophon mit fettem Sound und überzeugt darüber hinaus mit intelligenten Kompositionen.

Christine Corvisier lebt in Köln, ist glückliche Mutter und hat ein paar ihrer Stücke ihrer kleinen Tochter gewidmet. „Das nächste Stück ist ’mal nicht für mein Kind“, sagt sie im zweiten Set in einer Ansage und erntet damit Schmunzeln des ihr wohlgesonnenen Publikums.

Die aktuelle Besetzung ihres Quintetts hat sie sich aus der starken Kölner Szene zusammengestellt. Martin Schulze bedient die halbakustische E-Gitarre, Sebastian Scobel sitzt am Klavier, David Andres spielt Kontrabass und Thomas Sauerborn bearbeitet das Schlagzeug.

Die Kompositionen stammen sämtlich von Corvisier, wobei darunter zwei Bearbeitungen sind. Beim Standard „My Favorite Things“, ein Song den auch Tenorsaxophon-Ikone John Coltrane gerne interpretierte, hat sie das Thema verändert, wenn auch die harmonische Struktur in Ansätzen erkennbar bleibt. Den Edith-Piaf-Klassiker „La Foule“ hat sie verjazzt.

Stilistisch ist Corvisiers Musik in der großen Schublade Fusion einzuordnen, wobei sie sich im Umgang mit den Harmonien durchaus auf den Modern Jazz zurückbesinnt. In allen ihren Stücken arbeiten sich die Improvisierenden an den durch das Thema vorgegebenen Akkordschemata ab.

Rhythmisch hingegen agiert die Band überwiegend binär, das heißt mit geraden Achteln, nur einmal wird auch triolisch geswingt, wobei deutlich wird, dass die Band sich in der binären Rhythmik mehr zu Hause fühlt.

Hier umspielt Andres am Kontrabass sehr schön die schweren Taktzeiten, und Andreas Sauerborn am Schlagzeug wechselt immer wieder so gekonnt wie lebendig zwischen dem regelmäßigem Betonen der schweren Taktzeiten und einer freieren, fließenderen Auffassung der binären Metren, was den meisten Arrangements einen luftigen Charakter verleiht.

Spielen ein Gitarrist und ein Pianist in einer Band, dürfen sie sich natürlich in der Begleitung nicht ins Gehege kommen. Gitarrist Schulze spielt so oft bei den Themen die zweite Stimme, während Scobel am Piano eher für die Akkorde zuständig ist. Die Rollen werden auch mal getauscht und sind geschickt verteilt.

Der Ton von Bandleaderin Corvisier ist schön süffig, aber nicht ohne eine gewisse Schärfe. In einer riff-orientierten Funk-Nummer kann man das Vorbild Michael Breckers heraushören. Ansonsten ist Covisier nicht nur bei den Themen darauf bedacht, die Melodik nicht in hektischen Läufen untergehen zu lassen, obwohl sie ab und zu auch ihre Geläufigkeit aufblitzen lässt.

Bei Gitarrist Schulze dominiert in den Soli das klassische Jazzgitarren-Singleline-Spiel mit einem klaren Sound, Pianist Scobel scheint in der Band der Spezialist für die ganz ruhigen Soli zu sein. Bei ihm fährt die Begleitung einmal sogar ganz zurück, gänzlich solo beweist Scobel lyrisches Empfinden, ohne ins Pathos abzugleiten.

Zu Recht viel Applaus im Jazzkeller für eine Band, die den Mainstream zwischen Modern Jazz und Fusion so intelligent auszuloten verstand, dass man die fehlenden avantgardistischen Elemente nicht vermissen musste.