Herbe Kritik an Hochschul-Präsident von Grünberg
Fall Karin Kaiser: Hochschul-Präsident soll Haltung zeigen. Professorin nutzt Arbeitsaccount für ihre Theorien. SPD erwartet Antworten.
Krefeld. SPD-Landtagsabgeordneter Dietmar Bell erwartet täglich eine Antwort auf seine Kleine Anfrage im Landtag zum Fall der Professorin Karin Kaiser. Eine hat er nach WZ-Informationen bereits. Allerdings von der Hochschule Niederrhein, namentlich von Präsident Hans-Hennig von Grünberg. Eine sehr erhellende. Von Grünberg hat den wissenschaftspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zum hohen Gut der Freiheit von Forschung und Lehre aufgeklärt. Und seinen Unwillen zum Ausdruck gebracht, sich mit dem Treiben seiner Professorin zu befassen.
Bell, heißt es, könne die Prioritätensetzung des Präsidenten und dessen Haltung kaum fassen. Das müsse man sich erstmal trauen. Auch Wissenschaftsfreiheit bewege sich im Rahmen der Verfassung. Bell dementiert nicht und bestätigt nicht. Er wird reden, wenn die Antwort des Ministeriums vorliegt. Und das ist bald.
Die Gemengelage: In der Anfrage will Dietmar Bell für seine Fraktion wissen, warum das Ministerium die Veranstaltung von Professorin Karin Kaiser an der Hochschule Niederrhein scheinbar arglos genehmigt hatte. Und insbesondere, auf welcher Grundlage es von der Hochschule überhaupt informiert wurde.
Nach dem Versuch, einen politischen Forderungskatalog als Forschungsveranstaltung zu deklarieren, also seinen Arbeitgeber Hochschule und das Ministerium zu täuschen, dreht Kaiser weiter auf. Die festangestellte Professorin schickt, wohlgemerkt von ihrem Hochschulaccount aus, eine sechsseitige Pressemitteilung ab, mit der sie erklären will, warum der deutsche Rechtsstaat tot ist.
Das zentrale Beispiel dabei ist sie selbst. Seit fast zehn Jahren versucht Kaiser, ihre Verbeamtung auf Lebenszeit vor Gericht zu erstreiten. Erfolglos, weshalb sie mit aller Macht und über alle Kanäle beweisen möchte, dass der Rechtsstaat schließlich tot sein muss. Dazu passt, dass Kaiser auch SPD-Mann Bell vorwirft, seine Kleine Anfrage sei rechtlich zu beanstanden.
Die Hochschulleitung ficht das nicht an (siehe Kasten). Weder der Täuschungsversuch, noch, dass es dabei de facto nicht mal um Forschung und Lehre ging, noch der Missbrauch des Hochschulaccounts, schon gar nicht, was Kaiser täglich über die sozialen Medien rausbläst. Da reihen sich rechtspopulistische AfD-Ideologien an düstere Ahnungen, die Menschheit werde von Aliens gesteuert. Das sei Privatsache, befindet die Hochschule.
Der AstA der Hochschule
Das wäre es auch. Und diese Aktivitäten in eine Beurteilung einer Lehrkraft mit hoher Verantwortung jungen Menschen gegenüber mit einzubeziehen, obliegt allein der Hochschule. Tatsächlich gehören in diese Reihe von Kaiser-Tweets aber auch Einladungen zu Veranstaltungen der Hochschule. Privat, beruflich, das hat der Twitter-Nutzer Karin Kaiser längst verschmolzen. Doch die Hochschule wiederholt gebetsmühlenartig die Unantastbarkeit von Forschung und Lehre. Meint, das habe sie nicht zu interessieren. Überhaupt: Solange sich kein Studierender beschwere, sei auch eine Überprüfung von Kaisers Lehrinhalten überflüssig.
Das sehen große Teile der Studierenden anders. In der Studentenzeitung „akduell“ ist dieser Tage ein Artikel erschienen, in dem ein Verfassungsrechts-Anwalt Kaisers Thesen über den Rechtsstaat deutlich kritisiert und ihr subjektive Motive attestiert. Und auch der AStA der Hochschule Niederrhein verlangt eine Aufklärung und Gesamtbetrachtung der Ereignisse. Vorsitzender Hendrik Sachtler fordert im Umgang mit Kaiser, dass die Hochschule, „am Besten in Form des Präsidenten persönlich, eine Haltung annimmt“. Es sei unvertretbar, von Studierenden eine Entwicklung hin zu Verantwortungsträgern zu fordern, sich selbst aber hinter Pressesprechern zu verstecken.
Außerdem müssten Handlungen und politische Einstellungen der eigenen Lehrenden mindestens genauso im Blick behalten werden wie das bei der Studierendenvertretung passiere. „Ein Blick auf die öffentlichen Äußerungen von Frau Kaiser auf Twitter und Facebook zeigt, dass sie Wissenschaft und verschwörungstheoretische Weltbilder auf untragbare Weise vermischt.“
Auf den ersten Blick wäre für die Hochschulleitung erkennbar gewesen, dass es sich bei der Veranstaltung von Frau Kaiser nicht um eine Vorstellung bisheriger Forschungsergebnisse hätte handeln sollen. Somit sei die Veranstaltung auch nicht durch eine grundrechtliche Wissenschaftsfreiheit gedeckt gewesen. Sachtler: „Wir fordern zum wiederholten Mal, dass das Leitbild der Hochschule ,Grenzen Überwinden’ nicht eine leere Worthülse ist und bleibt. So muss nun endlich auch eine Haltung vom Präsidenten von Grünberg erkennbar nach außen repräsentiert werden, die das Hochschulleitbild vor allem den eigenen Studierenden vorlebt.“