Hochschule Hochschul-Jusos: geplante Studiengebühren rassistisch
Die Studierenden-Gruppe der Hochschule Niederrhein erhebt schwere Vorwürfe gegen die neue Landesregierung in NRW. Krefelds Politik distanziert sich von Anschuldigungen.
Krefeld. Neue Landesregierung, neue Ideen? Vielleicht. Veränderungen soll es jedenfalls unter der jetzt bestätigten schwarz-gelben NRW-Koalition wieder in puncto Studiengebühren geben, natürlich auch in Krefeld. Am Montag haben der neue Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und FDP-Partner Christian Lindner den Koalitionsvertrag unterzeichnet, der unter anderem eine Wiedereinführung der Studiengebühren vorsieht — und zwar ausschließlich für Nicht-EU-Bürger. 1500 Euro pro Semester sollen Menschen, die zum Studieren an eine NRW-Hochschule und nicht aus Europa kommen, künftig zahlen.
Scharfe Kritik gibt es dafür von den Jusos der Hochschule Niederrhein um Sprecher Cristian Delgado. Die Jusos, deren festen Kern er mit etwa zehn Mitgliedern beziffert, bezeichnen die Pläne als „neoliberale Form von ,Ausländer raus’“, „rassistisch und menschenverachtend“ und forderten die Landtagsabgeordneten der Krefelder und Mönchengladbacher CDU gestern in einer Pressemitteilung auf, „sich ebenfalls gegen Studiengebühren auszusprechen und gegen die Wahl von Herrn Laschet als neuen Ministerpräsidenten zu stimmen“.
Auf Nachfrage unserer Zeitung distanziert sich Juso-Sprecher Delgado noch am selben Tag von den Rassismus-Vorwürfen, betont aber: „Zumindest ist das Vorhaben der neuen Landesregierung eine klare Benachteiligung“ für internationale Studierende. Die Jusos stellten sich „in aller Deutlichkeit gegen jede Form von Studiengebühren“, so Delgado und weiter: „Wir stehen für Bildungsgerechtigkeit — und zwar für alle Studierenden.“ Es sei „eine massive Ungerechtigkeit, wenn nur eine bestimmte Gruppe Studierender zur Kasse gebeten wird“.
Cristian Delgado, Sprecher der Juso-Hochschulgruppe
Kostenfreie Bildung habe „höchste Priorität“, das findet auch Krefelds Juso-Vorsitzende Stella Rütten. „Deshalb sollte jeder junge Mensch die Möglichkeit haben, zu studieren, unabhängig von seiner Herkunft, seinem sozialen Hintergrund und seinem Einkommen. Die Aufgabe der Politik ist es, dies zu ermöglichen.“ Den Verantwortlichen Rassismus vorzuwerfen, hält Rütten dennoch für „unangebracht“. „Unpassend“ findet auch Ina Spanier-Oppermann (SPD) die Formulierung der Jusos, auch wenn sie Studiengebühren „grundsätzlich ungerecht“ findet. Die Krefelder CDU-Landtagsabgeordneten Britta Oellers und Marc Blondin entschuldigen sich mit Hinblick auf die Ministerpräsidentenwahl in Düsseldorf — sie waren gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Besonders hart werde die Gebührenregelung den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik in Mönchengladbach treffen, fürchtet derweil Delgado, da dieser wegen seines englischsprachigen Kursangebots auch viele Studierende aus dem Ausland anziehe. Diese müssten sich nun die Frage stellen, „ob sie ihr Studium weiterführen können. Es werden Karrieren verbaut und gegebenenfalls Existenzen vernichtet, und das nur, weil die FDP ihre neoliberale Ideologie für die Besserverdienenden durchbringen möchte“, ärgert sich der Juso-Sprecher der Hochschule und fordert diese auf, „sich in aller Deutlichkeit von Studiengebühren zu distanzieren“. Er kündigt an, zur nächsten Senatssitzung eine entsprechende Resolution einzubringen.
Die Hochschule will die Vorwürfe und Forderungen der Jusos nicht kommentieren. „Auch wenn es um politische Absichtserklärungen wie die geplante Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer geht, halten wir uns mit Stellungnahmen zurück. Zumal zum jetzigen Zeitpunkt noch vieles unklar ist“, sagt Hochschulsprecher Christian Sonntag. Etwa, ob Studierende aus Entwicklungsländern wie Bangladesch oder Pakistan, die an der Hochschule vor allem Textil- und Bekleidungstechnik studieren, von der neuen Gebühren-Regelung ausgenommen sind. Von 14 650 Studierenden an der Hochschule Niederrhein haben 1400 eine ausländische Staatsbürgerschaft. „Zieht man die EU-Bürger und die Bildungsinländer ab, bleiben 450 Nicht-EU-Ausländer, auf die die Regelung zutreffen könnte“, rechnet Sonntag vor.